Gelsenkirchen. Erfolgsautor Kai Twilfer bringt seine Proll-Familie Pröllmann nun auch auf die Comedy-Bühne. Ein Gespräch über Erfolgsrezepte, Kevinismus und Chaos.

Mit ihrem derben Proll-Charme erobert eine bildungsferne Figur mitten aus Gelsenkirchen die Herzen der Leser im Sturm. Dem Autor Kai Twilfer gelang mit seinen beiden Büchern „Schantall, tu ma die Omma winken“ und „Schantall, tu ma die Omma Prost sagen“ ein Riesenerfolg. Jetzt erobert der 38-Jährige mit seiner schrägen Unterschichten-Analyse auch die Bühne: Mit der aktuellen Comedy-Tour „Schantall tut live“ gastiert Twilfer am Samstag, 14. März, in seiner Heimatstadt. Die WAZ sprach mit Twilfer vor seinem Gastspiel im Hans-Sachs-Haus über Alltagschaos, komische Klischees und kuriose Vornamen.

Nicht Romane, sondern zwei Sachbücher aus Ihrer Feder katapultieren sich auf Anhieb ganz nach oben auf die Bestsellerlisten. Was interessiert und amüsiert den Leser so sehr an der Proll-Familie Pröllmann?

Kai Twilfer: Ich glaube, dass es die Erkenntnis ist, dass ein bisschen Schantall in allen von uns steckt. Ob nun gewollt oder ungewollt. Schantall und die Pröllmanns wecken vielleicht auch den Wunsch beim Leser, dass er auch gerne mal so einen abgefahrenen und chaotischen Alltag erleben möchte.

Wieviele Schantalls und Kevins haben sich schon bei Ihnen persönlich beschwert über die Schublade, in die Sie sie stecken?

Noch kein einziger. Ich rufe ja während jeder Lesung oder Bühnenshow auf, sich zu outen, falls mal eine Schantall im Publikum sitzt. Ich spendiere sogar Dosensekt für lau, wenn sich endlich mal eine meldet. Also, Schantalls – ihr seid herzlich eingeladen.

Schantall ist das personifizierte Klischee. Oder etwa gar nicht?

Nein, Klischee hat sowas klischeehaftes. Schantall ist Realsatire. Sie ist da mehr der Prototyp einer Kevinistin. Sie vereint halt viele Merkmale, die andere vielleicht geschmackstechnisch etwas genauer hinterfragen würden. Schantall persönlich empfindet beispielsweise Krokotextillederstiefeletten mit goldenem Glimmer dran als ganz normal.Dafür ist sie in vielen Alltags-Dingen extrem schlau und vor allem herzlich. So gleicht sich das in der Betrachtung humorvoll aus.

Bislangt gibt’s zwei Bücher. Wie tut Schantall nun live auf der Bühne?

Das Publikum bekommt den ultimativen Schantall-Abend, die Schantall-Show fernab einer normalen Lesung. Es gibt zwar auch Leseeinlagen und Stand-Up-Comedy, aber am lustigsten sind die Momente, wo ich dem Publikum auf den Zahn fühle, ob es nicht auch schon unbewusst vom Kevinismus befallen ist.

Sie zeigen Ihre Show nicht nur in Bochum, Duisburg, Gelsenkirchen, sondern auch in Potsdam, Berlin und anderen Regionen. Verstehen die Menschen dort, wovon Sie erzählen?

Ja, das Phänomen „Schantall“ funktioniert zum Glück bundesweit. Die Frage ist ja nicht, ob es in anderen Regionen auch Schantalls und ähnlich kuriose Typen gibt, sondern nur, wie lange man nach ihnen Ausschau halten muss. Im Ruhrgebiet spielt sich die Suche im Nanosekundenbereich ab, wenn man mal auf die Straße kommt.

Sollten Sie je Kinder bekommen oder Freunde bei der Namensgebung des Nachwuchses beraten müssen? Wie sollten die heißen und wie auf keinen Fall?

Man sollte gekonnt das Y-Phänomen umschiffen, welches einen sehr schnell in die Kevinistenecke stellt. Sunnybelle-Melody-Tifany wäre daher nicht meine erste Wahl.