Gelsenkirchen. . Der FC Schalke 04 hat einen neuen Fan-Laden. Das Geschäft an der Glückauf-Kampfbahn in Gelsenkirchen ist an einem Ort mit ganz besonderem Schalke-Bezug.

Schalke hat einen neuen Nachbarn, und das ist Schalke. An dem Haus rechts vom „Schalker Fan-Club Verband“ und links vom „Schalker Eck-Grill“ war noch Platz, um ein weiteres einschlägiges Schild aufzuhängen, und nun steht dort etwas arg verkürzt: „FC Schalke 04 Ehemaliger Tabakladen von Ernst Kuzorra und Stan Libuda.“

Genau hier war das, einen Steinwurf weg von der alten Glückauf-Kampfbahn: Hier haben die beiden Schalker Fußballlegenden Lottozettel und Fanverehrung angenommen und Zigarren und Geschichten von früher herausgegeben. Verkaufsraum und Lager, ein Mythos von 42 Quadratmetern. „Ich komm’ jeden Tag zweimal hier vorbei und war immer traurig, dass der Laden zu war“, sagt Mathias Libuda, der Sohn.

Blau-weiße Nostalgie auf schwarz-weißen Fotos

Seit Dienstag ist das, von der Ausrüstung her, ein Fan-Shöppchen – und mehr. Es sei eine neue „Außenstelle des Vereins für Fans und Mitglieder“, sagt Sebastian Pantförder, der Leiter der Abteilung „Tradition“: „Wir hoffen auch, den Schalker Markt etwas wiederbeleben zu können und wieder mehr Leben und Schwung in Deutschlands wohl bekanntesten Ortsteil zu bringen.“

Doch es steckt noch mehr dahinter, und man kommt leicht darauf, wenn man sich umschaut. Denn neben Magneten und Würfelbechern, Taschen und Schlüsselanhängern und Büchern und Wimpeln finden sich auch ein „Puzzle Retro“ und ein Kissen mit dem Aufdruck „Kumpels&Malocher-Club“; es finden sich mehrere Kuzorra&Libuda-Bilder an den Wänden und ein ganzes Hinterzimmer mit blau-weißer Nostalgie auf schwarz-weißen Fotos.

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Nun, ganz klar: Je mehr Fußballvereine sich wandeln zu Wirtschaftsbetrieben des 21. Jahrhunderts, desto mehr betonen sie um der Anhängerschaft willen die vermeintlich gute alte Zeit, die Tradition, die Gemeinschaft. Erst 2013 hatte Schalke den in Russland erschossenen Stürmer Adolf Urban aus seinem Soldatengrab dort exhumiert und in Gelsenkirchen mit einem großen Akt neu beigesetzt. Und seit einigen Jahren ist ein Arbeitskreis ,Schalker Meile’ dabei, den Stadtteil möglichst umfassend in Blau und Weiß zu tünchen.

Kneipe oder Lottolokal

Doch zurück zu Mathias Libuda, der noch heute ganz in der Nähe wohnt und im Fan-Geschäft in der Arena arbeitet. Zwölf Jahre war er, 14, als sein Vater den Laden betrieb. „Für den Papa war das ein Sprung ins kalte Wasser, er hatte ja keine kaufmännische Erfahrung.“

Dem 49-Jährigen ist sehr daran gelegen, das hinterbliebene Bild vom Vater zu korrigieren: „Er war weder allein noch verarmt, und er starb auch nicht einsam vor dem Fernseher, wie es immer heißt, sondern bei mir in der Wohnung, als wir zusammen einen Boxkampf guckten.“ Der Name Libuda sei noch heute sehr bekannt, auch bei Jüngeren, „da kriege ich eine Gänsehaut“. Und er sei „sehr stolz“, dass ein Bild von Reinhard Libuda im Eingang der Arena hängt: „So sehe ich meinen Vater eigentlich jeden Tag auf der Arbeit.“

Kneipe oder Lottolokal, das waren über Jahrzehnte die typischen Berufe ehemaliger Fußballer. In Zeiten, in denen sie offiziell noch keine Profis sein durften, sicherten ihre Vereine sie durch so eine Vermittlung ab. Der letzte sehr bekannte Vertreter dieses Berufslebens war der Bayer Hans-Georg Schwarzenbeck, hundertfach porträtiert; doch hat er seinen Laden inzwischen geschlossen.

Viele sind heute Spielerberater

Der Sportjournalist Thorsten Schaar hat Hunderte Karrieren nach dem Fußball verfolgt: „Früher war mehr Lotto-Toto.“ In den 80er-Jahren hätten Ex-Spieler typischerweise ein Sportgeschäft geführt, später eine Soccerhalle, heute seien viele Spielerberater. „Und Versicherungsmakler geht immer“, sagte Schaar der Zeitung „Tagesspiegel“. Immerhin: Der frühere Torwart Alexander Famulla führt noch einen Lottoladen, und Lothar Matthäus ließ sich anwerben für die Reklame der Firma „einfachlotto.de.“

Hinaus aus dem Schalker Laden. Zurück auf den Schalker Markt. Ein Streifenwagen fährt vorbei. Er ist blau-weiß.