Gelsenkirchen. . CETA und TTIP steht für politische Geheimniskrämerei. Der Gelsenkirchener Landtagsabgeordnete Markus Töns verfasste dazu ein Bollwerk in 41 Punkten.
Sie heißen CETA und TTIP. Vier Großbuchstaben, die für zwei politische Geheimniskrämereien par excellence stehen. Kaum ein Mensch kann sie nachvollziehen, sie betreffen aber jeden direkt, sollten sie umgesetzt werden. Der Gelsenkirchener Landtagsabgeordnete Markus Töns (SPD) weiß das nur zu gut. Er beschäftigt sich als nordrhein-westfälisches Mitglied im Ausschuss der Regionen in Brüssel intensiv mit dem Thema Freihandelsabkommen. Wie bürgernah die Auswirkungen sein können, verdeutlicht auch, dass der Rat der Stadt Gelsenkirchen sich damit in seiner Sitzung am 11. Dezember beschäftigt.
Hinter CETA verbergen sich Verhandlungen der Europäischen Union mit Kanada, die abgeschlossen und dann ohne Unterschriften weggeschlossen worden sind. Die Gespräche zu TTIP mit den USA und anderen Staaten (so heißt das tatsächlich) laufen noch und sollen Ende 2015 beendet sein. In beiden Fällen geht es um Freihandelsabkommen. „Beide Seiten wollen den jeweils anderen Markt besser nutzen“, reduziert Töns die Motivationen auf einen verständlichen Nenner.
Verbraucherschutz erhalten
Im Kern, so der Abgeordnete, geht es um „Freihandels- und Investitionsschutzabkommen.“ Dabei will der Sozialdemokrat nicht schon wieder das plakative wie unappetitliche Beispiel des Chlorhühnchens ins Feld führen. Diese Art der Geflügel-Desinfektion wird in den USA durchgeführt, ehe der Braten in die Geschäfte kommt. Doch Töns weiß genau, dass da etwas verhindert werden muss. Dafür hat er ein Papier erarbeitet, eine Initiativstellungnahme in 41 Punkten. Man kann es als Bollwerk gegen TTIP bezeichnen.
„Durch die geheimen Verhandlungen der EU wird eine politische Kontrolle mindestens erschwert, wenn nicht unmöglich“, kritisiert Markus Töns das Verfahren. „Es geht an dieser Stelle um den Schutz so wichtiger Bereiche wie den Verbraucherschutz und die kommunale Daseinsvorsorge.“ Damit verweist er auf alle Dienstleistungen der öffentlichen Hand für Bürger, die hoheitliche Ansprüche haben. Etwa die Wasserversorgung. Diese Daseinsvorsorge, sagt Töns, dürfe für TTIP auf keinen Fall aufs Spiel gesetzt werden.
Das Niveau nicht opfern
Grundsätzlich hält Töns den Freihandel für eine gute Einrichtung, von der die Märkte auf dieser wie auch auf der anderen Seite des Atlantiks profitieren können. „Aber das Niveau in bestimmten Bereichen, auf dem wir uns hier befinden, darf dafür nicht geopfert werden“, findet er deutliche Worte und fordert für die EU-Mitgliedsstaaten die Möglichkeit eingreifen zu können, wenn es notwendig sein sollte.
Man dürfe aber auch nicht alles verteufeln, sagt der 50-Jährige: „Es gibt etwa beim Autobau in den USA Sicherheitsstandards, die wir in Deutschland nicht erreichen.“ Er räumt ein, dass in den Staaten zwar die Marktzulassung für viele Produkte einfach sei, „aber im Fall eines Verstoßes sind die zivilrechtlichen Strafen, die Gerichte drüben verhängen, sehr drastisch.“
Aber, weiß Töns, es gibt auch die anderen Fälle, Marktbeschränkungen als Einbahnstraßenregelungen, die einen nachdenklich stimmen müssen. Roquefort, der grün-blau marmorierter Blauschimmelkäse aus roher Schafmilch, dürfe nicht in die USA eingeführt werden. „Oder das Schutzgesetz für den eigenen Markt. Im Prinzip können US-Firmen sich bei uns schon recht frei bewegen, müssen aber die Zölle entrichten, die mit TTIP fallen sollen. In den USA aber werden in den Bundesstaaten per Gesetz die Unternehmen bevorzugt bei der Auftragsvergabe, die aus dem eigenen Land kommen. Das wird im Zuge des Abkommens wohl auch nicht kippen.“
Eine Verbesserung anstreben
41 Punkte umfasst die Stellungnahme von Markus Töns (MdL, SPD) zur sogenannten Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft, kurz TTIP.
Dazu gehört die Kernforderung, dass das sehr hohe Niveau der europäischen Schutzstandards für Produktsicherheit, Gesundheits-, Sozial-, Umwelt-, Klima, Lebensmittel- und Tierschutz sowie für Verbraucher- und Datenschutzrechte keinesfalls abgesenkt werden dürfen, sondern eine Verbesserung anzustreben ist.
Existierende und künftige Schutzrechte von Arbeitnehmern, so Markus Töns, dürften durch TTIP auf keinen Fall ausgehebelt und zu nicht-tarifären Handelshemmnissen erklärt werden. „Nicht berührt werden dürfen auch die Regulierung des Arbeitsmarktes, die sozialen Sicherungssysteme, die Tarifautonomie, die Tarifverträge, das Streikrecht und die Mindestlöhne eines EU-Mitgliedsstaates.“
Für verzichtbar hält der Gelsenkirchener SPD-Landtagsabgeordnete dagegen an der ordentlichen Gerichtsbarkeit vorbeigehende Investitionsschutzvorschriften und neue (Schiedsgerichts-)Mechanismen, um einen Streit zwischen zwei Parteien beizulegen.