Umweltschützer haben den taubengroßen Vogel mit der lustigen abstehenden Federholle zwischen Resse und Horst schon länger nicht mehr gesichtet. 2008 gab es noch 19 Brutareale. Stadtgebiet gibt es nur noch wenige Stellen, die potenziell geeignet wären

Die Chance, einen Kiebitz zu treffen, haben Schach- und Brettspieler viel eher als Naturliebhaber oder Vogelkundler. Denn der auffällige Ruf „kie-wi“ scheint verstummt zu sein.

Vor zwei bis drei Jahren hat der Bueraner Michael Hamann vom BUND (Bund für Umwelt und Naturschutz) zum letzten Mal brütende Kiebitze im Umfeld des Mühlenbachs in Resse gesehen. „Die Paare, die vor Jahren auf dem Hugo-Zechengelände ihren Nachwuchs aufgezogen haben, sind mit der Aufschüttung der Halde verschwunden“, erzählt er. Hamann hat Kiebitze früher auch auf dem Gelände der Zeche Nordstern gesichtet. Und heute?

Lustig abstehende Federholle

„Im Stadtgebiet haben wir nur noch wenige Stellen, die potenziell geeignet wären“, sagt Hamann. Der schwarz-weiße Vogel mit der lustigen abstehende Federholle am Hinterkopf liebt offenes, flaches und feuchtes Dauergrünland. Er bevorzugt Wiesen, Weiden und Überschwemmungsflächen. Doch sein Lebensraum – das Feuchtgrünland – ist nicht nur in Gelsenkirchen, sondern in ganz Deutschland selten geworden.

Gab es in NRW im Jahr 2010 noch über 20 000 Kiebitzbrutpaare, so ist die Zahl 2014 auf 12 000 zurückgegangen. „Der Rückgang des Kiebitz ist ein Alarmzeichen“; sagt Dr. Georg Verbücheln, Abteilungsleiter Naturschutz beim Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LaNUV). „Wir müssen dringend mit Vertretern der Landwirtschaft beraten, welche Konsequenzen die niederschmetternden Befunde für die Nutzung der Flächen haben müssen, auf denen im Frühjahr Kiebitze zu beobachten sind.“ Ansonsten, schlussfolgert Verbücheln, „verlieren wir die Art schon bald“.

Ausgewichen auf Felder

„Feuchtwiesen, Weiden und Biotop-Landschaften gibt es kaum noch“, sagt Hamann. Die taubengroßen Vögel seien in den letzten Jahren auf Felder, oftmals noch nicht bestellten Maisäckern, ausgewichen, um dort zu brüten. Das Problem dabei: In der Hauptbrutzeit der Kiebitze von Ende März bis Mitte Mai werden die Äcker bestellt. Und die Vögel verlieren ihren Nachwuchs.

Meist trifft der Verlust zudem nicht nur ein Vogelpaar, sondern einen ganzen Schwarm. „Kiebitze brüten gern in Gesellschaft von Artgenossen, um sich gegen Feinde besser verteidigen zu können“, weiß Hamann. Sollte der Nachwuchs es dennoch schaffen, dem Ei lebend zu entschlüpfen, haben die Jungtiere kaum Überlebenschancen. Durch die Bodenbearbeitung mit Spritzpistole und Dünger wachsen auf und an den Feldern keine Wildkräuter. Die Tiere finden keine Nahrung.

„19 Areale haben wir 2008 in Gelsenkirchen gezählt, wo Kiebitze lebten“, sagt Hamann. Heute seien es deutlich weniger. „Wenn der Kiebitz einmal weg ist, wird es schwer, ihn erneut anzusiedeln“.