Gelsenkirchen-Buer. . Bis vor wenigen Tagen noch betreute er als Pastor einer Gemeinde 6000 Gläubige, nun leitet er Deutschlands größte Pfarrei mit 38 000 Katholiken: der neue Propst Markus Pottbäcker (48). Doch bange machen lässt er sich nicht. Für ihn gilt der Leitspruch: „Nichts wie ran!“
Er war zwei Wochen incognito Mitglied bei Scientology, pflegt einen rasanten Fahrstil und ist bekennender Jeck. Aber bei Schlangen, da endet die Toleranz von Pfarrer Markus Pottbäcker (48), „da fühlen sich meine Beine an, als wären sie in Beton gegossen“. Ob diese Phobie von häufiger Lektüre des Alten Testaments herrührt? Darüber können seine „Schäfchen“ nur spekulieren. Fest steht: Wenn er am Sonntag, 7. September, 16 Uhr, in sein neues Amt als Propst von St. Urbanus Buer eingeführt wird, muss sich der bisherige Pastor einer 6000-Seelen-Gemeinde umstellen. Er wird Manager von gleich sieben Gemeinden mit insgesamt rund 38 000 Gläubigen, eben der größten Pfarrei Deutschlands.
Stolz, Vorfreude, Sorge: Was überwiegt? „Angst habe ich nicht, die habe ich nur vor Schlangen. Ich bin gespannt und habe Respekt“, sagt der knapp 1,90 m große Mann mit den hellen blauen Augen und lächelt. Dass er keine kaufmännische Ausbildung hat wie sein Vorgänger Wilhelm Zimmermann, künftig aber einen Millionenhaushalt verantworten muss, „schreckt mich nicht“. „Wir haben doch einen Verwalter und einen äußerst kompetenten Kirchenvorstand, auf den ich mich verlassen kann; zudem habe ich schon sechs Jahre als Stadtjugendseelsorger in Essen Erfahrungen in Personalführung und beim Umgang mit öffentlichen Mitteln gesammelt.“
„Kein Herr der Zahlen sein“
Mag in seiner alten Gemeinde St. Josef in Essen-Steele-Horst alles eine Nummer kleiner gewesen sein als in Buer („ob Frau Merkel mit diesem riesigen Sitzungstisch mithalten kann?“): Genaue Vorstellungen hat der gebürtige Duisburger aus Obermeiderich sehr wohl: „Ich will kein Herr der Zahlen sein, sondern fragen: Was hat das alles mit Kirche und Seelsorge zu tun, was davon dient den Menschen vor dem Horizont des Evangeliums?“ So will er nicht nur Manager sein, sondern immer noch Seelsorger.
Eine Ahnung von dem Ausmaß und den „Baustellen“ der Pfarrei hat er bereits bei einer eintägigen Rundreise mit Propst Zimmermann bekommen: Für gleich drei geschlossene Kirchen – St. Hedwig in Resse, St. Bonifatius in Erle, St. Theresia in Hassel – muss eine Nachnutzung gefunden werden, bei vielen pfarreieigenen (Senioren-)Wohnungen gibt’s einen Renovierungsstau, dazu noch die Herausforderung, die 2007 erfolgte Fusion der sieben Gemeinden zu einer Pfarrei auch in den Köpfen umzusetzen. „Man sagt ja, das sei die Aufgabe einer ganzen Generation, das wären 25 Jahre. Wenn ich bis 75 arbeite, schaffe ich das“, ist Pottbäcker da zuversichtlich.
Toleranz in Sachen Glaubensleben
Offen will er das Thema gemeinsme „St.-Urbanus-Identität“ angehen, Probleme klar benennen. „Wir müssen fragen, was wir durch die Umstrukturierung dazu bekommen haben. Gemeinsam ist man doch stärker.“ Ein jährlich von Standort zu Standort wanderndes zentrales Pfarrfest etwa könnte zum Zusammenwachsen beitragen, so eine erste Idee.
Die Bandbreite katholischen Lebens in den Gemeinden – vom konservativen St. Barbara in Erle bis hin zum modern-liberalen St. Michael in Hassel oder St. Josef in Scholven – sieht er als Chance. „Da kann sich doch jeder Gläubige dorthin orientieren, wo er sich am wohlsten fühlt. Wichtig ist mir dabei nur die Toleranz gegenüber denjenigen an anderen Standorten, die es anders machen.“