Frederik Just inspiziert die Bäume in den Berger Anlagen. 4500 – zum Teil recht alte Schätzchen – muss er begutachten und im Zweifel das Todesurteil fällen. Obwohl er und seine Kollegen Überstunden anhäufen, wird die Beseitigung aller Schäden noch einige Monate dauern

Die orange Jacke leuchtet durch das satte Grün. Einsam steht Frederik Just neben einer etwa 30 Meter hohen Eiche. Just nimmt seine Sprühdose, markiert ein dickes grünes Kreuz auf dem Stamm. Das Todesurteil sozusagen.

„Der Wurzelteller ist angegriffen, bei der nächsten Windboe fällt er um“, erklärt er. Später wird er die Maßnahme noch in sein digitales Baumkataster eintragen, was er wie ein etwas zu dickes Tablet mit sich rumschleppt.

Baumpate werden – jede Spende hilft!

Spenden auf das Konto von Naturschutzbund Nabu und WAZ, Stichwort „Baumpate“, Konto 11 21 223, Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 370 205 00, IBAN DE72 3702 0500 000 11 21 223, BIC BFSWDE 33 XXX. Wer eine Spendenquittung (ab 100 Euro) benötigt, nenne auf der Überweisung seine Anschrift. Der Beleg wird dann zugesandt.

Oder melden Sie sich bei uns per Brief: Westdeutsche Allgemeine Zeitung, Aktion „Waz pflanz Bäume“, Friedrichstraße 34-38, 45128 Essen. E-Mail: baumpate@waz.de

Auch die Stadt Gelsenkirchen hat ein Spendenkonto für die Bürger eingerichtet:
Kontoinhaber: GELSENDIENSTE,
IBAN:
DE89 4205 0001 0101 1547 12,
BIC: WELADED1GEK,
Verwendungszweck: Spende Baumpflanzung / 664707

„Es gibt Kollegen, die kennen jeden Baum“, sagt Just. Der Mann ist Baumkontrolleur bei den Gelsendiensten und kümmert sich um die Bäume in den Berger Anlagen. 4500 gibt es dort. Etwa fünf Prozent, so die groben Schätzungen, hat Sturm Ela am Pfingstmontag hinweggerafft.

100 Meter weiter wird die ganze Wucht dieser Katastrophe deutlich: Quer über den Weg liegen fünf bis sechs alte Buchen. Auf 70 bis 80 Jahre schätzt Just die Buchen. Ihre Wurzeln, die locker einen Durchmesser von 2,50 Meter haben können, sind dem Boden entrissen, bilden überdimensionierte Erdwälle.

Hier hat Ela eine regelrechte Schneise in den Park gerissen. Am Rand bleibt Just vor einer für den Laien scheinbar gesunden Buche stehen. Schaut in die Krone, dann auf den Boden und zückt seine Spraydose. Rund um die Wurzel haben sich im Boden Risse gebildet. „Der steht nicht mehr fest“, erläutert Just. Außerdem sei die Krone einseitig in eine Richtung gewachsen.

Mit Fernglas und Klopfhammer

Drei Riesen weiter zückt Just sein Fernglas, sichtet die Krone, kramt den Klopfhammer aus der Hosentasche und bearbeitet den Stamm. Nach zwei bis drei Minuten verkündet er: „Alles okay mit dem Patienten.“

Während Just die Bäume inspiziert, kommt eine Radlerin um die Ecke. Volker Mundt, der Fachgruppenleiter Grünanlagen Nord bei Gelsendienste, erklärt der Dame freundlich, dass dieser Park gesperrt ist. Dass immer noch Lebensgefahr besteht. Dass ein Ast mit einem Durchmesser von zwei bis drei Zentimetern einen menschlichen Schädel durchschlagen kann.

Einsicht? Fehlanzeige. Die Frau wird ungehalten. Sie zahle Steuern und die Stadt müsse gefälligst Naherholungsflächen für ihre Bürger zur Verfügung stellen. Verbieten lasse sie sich im Übrigen nichts. Basta.

300 Leute sind täglich im Einsatz

„60 Prozent der Menschen, die ich in den gesperrten Parks treffe, sind einsichtig“, sagt Mundt. 40 Prozent aber nicht. „Die Bürger sehen die gesamte Katastrophe nicht“, meint Mundt. Mit 300 Leuten ist Gelsendienste immer noch im Einsatz, um die Schäden zu beseitigen.

In den ersten drei Wochen hätte jeder Mitarbeiter durchschnittlich 80 Überstunden gearbeitet. Dennoch werde die Beseitigung aller Schäden noch einige Monate dauern. Zumal Mundt einen Mann täglich alleine damit beschäftigen muss, die weiß-roten Flatterbänder, die die Grünflächen absperren, zu erneuern. „Uns geht es darum, dass den Menschen nichts passiert“, so Mundt.

Just hat während des kleinen Geplänkels mit der Radlerin drei weitere Bäume kontrolliert. Jetzt sind es nicht mehr 4500, sondern nur noch knapp 4000, die begutachtet werden wollen.