Gelsenkirchen-Buer. . Die Milliarden sind bis auf den Sammlerwert nahezu wertlos, trotzdem hütet Bueraner Klaus Herzmanatus das Not-Papiergeld wie einen Schatz: Denn gedruckt hat es nach dem Ersten Weltkrieg die damals noch eigenständige Stadt Buer.

Unbezahlbar ist Buer für Lokalpatrioten wie ihn – (wert-)voll mit seiner 1000-jährigen Geschichte rund um den Goldberg, auf Kohle reich geworden. Eben etwas ganz Besonderes. Was war da Klaus Herzmanatus, heute Vorsitzender des Fördervereins Hugo Schacht II, überrascht, als ihm auf einem Flohmarkt eine 50-Pfennig-Münze von Buer in Westfalen entgegenblinkte. „Ich konnte es erst gar nicht glauben“, erinnert er sich. Seither sammelt er Scheine und Münzen der damals noch selbstständigen Stadt. Und wurde so zum Milliardär. Auf Papier, versteht sich.

Zwölf Jahre ist es her, dass Herzmanatus auf das so genannte Notgeld der Stadt Buer aufmerksam wurde. „Ich habe recherchiert und festgestellt, dass Städte und sogar Privatfirmen in der Inflationszeit während des Ersten Weltkriegs und danach einsprangen, um Notmünzen zu prägen und später Geldscheine zu drucken“, so der 53-Jährige. Hintergrund: Angesichts der rasenden Geldentwertung um 1917-1923 war der Materialwert von Silbermünzen höher als deren Nominalwert; viele begannen, sie zu Hause zu horten. Die Folge war ein Kleingeldmangel, den Städte, Gemeinden und Firmen in Eigenregie zu beheben suchten.

„Ein Stück Zeitgeschichte“

Rund 80 Münzen finden sich in Herzmanatus Sammelalbum: mal rund, mal achteckig, im Wert von 10, 25, 50 Pfennigen, einer oder zwei Mark, mal aus Eisen oder einer Zinklegierung – unedle Metalle eben, günstiger im Materialpreis als Gold oder Silber. Die Bindung der Mark an den Goldstandard war 1914 aufgehoben worden.

Was allen Münzen gemein ist: „Da ist noch das markante alte Wappen drauf mit der bewurzelten buerschen Linde, Schlägel und Eisen und dem kurkölnischen Kreuz“, so Herzmanatus.

Ehrensache, dass von der Harpener Bergbau AG geprägte Eine- und Zwei-Mark-Münzen von 1918 einen besonderen Platz im Album des letzten Hugo-Betriebsratschefs bekommen haben: Die Aktiengesellschaft betrieb einst zehn Bergwerke, darunter die Zeche Hugo. „Solche Geldstücke sind für mich ein sensationelles Stück Zeitgeschichte“, freut er sich auch nach Jahren noch über seine Funde, so dunkel verfärbt sie mittlerweile auch sein mögen.

Farbenfrohes Papier

Deutlich farbenfroher kommen da die Notgeldscheine daher: himmelblau, zartgelb, verwischt bräunlich oder lindgrün. Geradezu blass könnte der Betrachter angesichts der Nominalwerte werden: „Eine Million“, „100 Millionen“, „50 Milliarden“ steht da in großen Lettern gedruckt auf mal festem, mal offensichtlich billigem Papier, während im Hintergrund die Konterfeis eines Bauern und eines Bergarbeiters durchscheinen – jener Berufsgruppen, die Buer geprägt haben.

„In der Zeit der Hyperinflation konnten sich die Menschen immer weniger für das Geld kaufen. Ein Schwarzbrot, das 1910 noch 90 Pfennige kostete, schlug im Dezember 1921 mit 10,85 Mark zu Buche. In diesen Jahren sind viele Menschen an Mangelernährung gestorben“, so Prof. Dr. Stefan Goch, Leiter des Instituts für Stadtgeschichte. Herzmanatus weiß: Milliardär zu sein, war in jener Zeit bedeutungslos. Trotzdem hängt er an seinem Schatz. Aus Lokalpatriotismus.