Gelsenkirchen-Hassel. . Was für eine Ironie: Die Wiedereröffnung der Hasseler St.-Michael-Kirche an Pfingstmontag beginnt ausgerechnet mit dem Tod – von Holzwürmern. Die hatten es sich im Hochaltar gemütlich gemacht. Nach einer Wärmebehandlung wurde dieser jetzt wieder zusammen montiert.

Was für eine Ironie: Die Wiedereröffnung der Hasseler St.-Michael-Kirche an Pfingstmontag beginnt ausgerechnet mit dem Tod – von Holzwürmern. „Anobium punctatum“ war es, der es sich im Hochaltar gemütlich gemacht und dessen Larven Hunderte millimeter kleiner Löcher hineingefressen hatten. Bis Restauratoren den Altar letzte Woche auseinanderbauten und einer Wärmebehandlung unterzogen. Gestern wurde er wieder zusammen montiert.

Montag, 11.30 Uhr: Der Sakralraum atmet den Charme einer Baustelle. Unter der blauen Kuppel türmen sich Stangen, Leitern und Holzbretter zu einem begehbaren Gerüst. Darunter: Mensa, Predella und Retabel des vergoldeten Lindenholz-Hochaltars von Künstler Peter Schneider, also Bestandteile des Aufbaus, auf dem noch das 8 m hohe Kreuz und der Korpus Christi befestigt werden müssen.

Mit Alkohol gegen Schimmelbefall

Während sich draußen fünf Männer daran machen, das von Würmern befreite Kreuz (siehe Zweittext) aus dem Wärmecontainer zu wuchten, säubert Restauratorin Judith Granek von der Essener Firma Berchem drinnen die überlebensgroße Jesus-Figur mit Alkohol, Zentimeter für Zentimeter. „Das Holz leidet ja auch unter dem Schimmel, der im Staub hervorragenden Nährboden findet. Wenn eine Kirche nicht mehr regelmäßig genutzt, gelüftet und die Heizung herunter gefahren wird, findet Schimmel gute Bedingungen vor“, erklärt Diplom-Restaurator Winfried Berchem.

Was Wunder, dass die Pilze sich nahezu ungehindert ausbreiten konnten: 2007 wurde St. Michael bei der Umstrukturierung des Bistums geschlossen und erhielt keine Kirchensteuerzuwendungen vom Bistum mehr – St. Pius am Eppmannsweg wurde zur zentralen Kirche in Hassel erklärt. 2012 revidierte Bischof Franz-Josef Overbeck dann die Entscheidung seines Vorgängers.

„Hans, Kirche kommen!“

„Hans, Kirche kommen!“ hallt plötzlich eine Männerstimme durch den Chorraum. Das Kreuz haben Mitarbeiter der Lippstädter Firma Innovative Restaurierungstechnik (IRT) wieder befestigt, nun wird jede Hand gebraucht, den Christus-Korpus durch das Gerüst zu bugsieren. Auch Hermann Spickermann, Gemeindereferent mit Koordinierungsaufgaben in St. Pius, muss ran. Behutsam schlagen sie eine Decke um die Figur und befestigen ein Seil um den Brustkorb; dann geht’s los, ganz langsam. „Vorsicht“, ruft Spickermann, als sich ein Arm am Gerüst zu verkanten droht. Doch Umsicht wird belohnt: Ohne Pannen gelangt Christus an sein Triumphkreuz, erhält er vergoldete Holznägel an Händen und Füßen zurück.

Ein „Zurück in die Vergangenheit“ soll die Wiedereröffnung an Pfingstmontag, 9. Juni, 11 Uhr, aber nicht werden. Eher ein Aufbruch in der Seelsorge, so die Gemeinde. St. Michael soll Anlaufstelle für Bedürftige in jeder Hinsicht sein – eben eine Sozialkirche.