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Mit lautem Dröhnen setzt sich die Straßenbahn in Bewegung. „Beckhausen-Markt, Adlerstraße“ ruft Fahrer Jürgen Haas und kämpft gegen den Lärm seines Gefährts an. Der historische Triebwagen 96 pendelt zwischen Bahnhof Buer-Süd und Erle Forsthaus, eine Attraktion des Aktionstages der Interessengemeinschaft Horster Straße. Mit knapp elf Metern Länge wirkt der Tw 96 beinahe grotesk kurz gegenüber den modernen Variobahnen. „Ich fahre aber bewusst hier mit“, sagt Fahrgast Karl Fischer, um die Fahrgeräusche zu erleben und die Holzsitze zu spüren. „Mit den neuen Bahnen ist das gar nicht zu vergleichen“, fügt er an. Der Haltewunsch ist über ein Seil an der Decke zu signalisieren: zweimal ziehen lässt den Fahrer dank einer angeschlossenen Klingel erkennen, dass ein Fahrgast aussteigen möchte.

Wie auf hoher See

Lediglich um die aktuellen Sicherheits- und Brandschutzbestimmungen erfüllen zu können, ist das Gefährt bei seiner Restaurierung in den späten 90er Jahren aufgerüstet worden. Die moderne Steuerungstechnik ist aber – „für die Puristen“, wie Fahrer Haas sagt – hinter Holzvertäfelungen versteckt. So wird die alte Tram auf den elektronischen Haltestellen-Anzeigen wie eine normale Bahn angekündigt.

Triebwagen 96

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Dennoch scheinen die Wartenden gewisse Berührungsängste zu haben. Erst als Kurt Weber von der Verkehrshistorischen Arbeitsgemeinschaft der Bogestra (VhAG) die Tür aufschiebt und fragt, wer Richtung Forsthaus müsse, steigen Fahrgäste zu. Eine junge Frau hüpft rein, der Fahrgastzähler schraubt sich auf 113 hoch.

Die Klingel ertönt, einmal um die Weiterfahrt zu signalisieren, und Jürgen Haas tritt auf die Pedale, um die Feststellbremse zu lösen. Die Kurbel, die er zum Halten noch angezogen hatte, dreht sich zurück und die Bahn kommt ins Rollen. Ab und an ruckelt der Triebwagen beim Anfahren. „Es ist ein bisschen wie auf hoher See“, scherzt Weber. „Bei dieser alten Bahn muss man noch richtig fahren können“, sagt Haas. Moderne Bahnen sind wegen der Elektronik komplexer geworden, sie lassen sich jedoch mit einem „Joystick“ leicht bedienen.

Die Steuerung des alten Triebwagens hingegen funktioniert über mehrere Hebel und Kurbeln, die separat einzustellen sind. Bei seiner Fahrt durch Erle ist der Wagen ein wahrer Blickfang. Zahlreiche Passanten recken ihre Köpfe. Und da der Zeitplan nicht all zu sehr drückt, erlaubt sich Haas für einen Fotografen am Straßenrand ein bisschen vom „Gas“ zu gehen. Als er 1974 bei der Bogestra begann, hatten derartige Triebwagen ihre meisten Einsätze schon hinter sich.

„Damals wurde er eigentlich nur noch als Einsatzwagen, zum Beispiel bei Schalke-Spielen, eingesetzt.“ Der Nachfolger hingegen war bereits deutlich moderner und komfortabler. „Wäre es zehn Grad kälter, würde es hier vorne ordentlich ziehen“, sagt er. Während eine Heizung unter einer Holzbank in der Mitte des Wagens für Wärme sorgt, kommt davon wenig beim Fahrer an. Aber heute mache ihm das Fahren der historischen Straßenbahn viel Spaß. „Es war eher Liebe auf den zweiten Blick“, gibt Haas zu. „Aber die ist ja umso intensiver!“