Gelsenkirchen-Buer.
Ohne Aufbruch keine Ankunft. Katrin Göckenjan, noch Pfarrerin der Evangelischen Trinitatis-Kirchengemeinde Buer, wird der Advent 2012 immer in Erinnerung bleiben. Genau in diese Zeit fiel ihre Nominierung zur Superintendentin des Evangelischen Kirchenkreises Recklinghausen. Noch nicht einmal mehr drei Monate, dann wird die 50-Jährige das Leitungsamt übernehmen. Sie freut sich darauf, weil sie in fast zwei Jahrzehnten seelsorgerischer Tätigkeit in Buer, Hassel und Scholven hat erfahren können, dass „Leitung auch Spaß machen kann“. Sie lässt eine Gemeinde zurück, für die sie „ganz viel Dankbarkeit“ empfindet. Der Abschied von dieser „sehr lebendigen, offenen, zu beigeisternden Gemeinde“ wird ihr nicht leicht fallen.
Zeit, etwas Neues zu wagen
„18 Jahre - in dieser Zeit wird ein Mensch erwachsen“, blickt die gebürtige Münsteranerin auf ihre Gelsenkirchener Zeit zurück. Zeit also, etwas Neues zu wagen. Mut, Neugier und Gottvertrauen sind ihre Wegbegleiter. Und die Gewissheit, im Kirchenkreis nebenan willkommen zu sein. Die Landeskirche habe sie dabei gut vorbereitet, in Frank Rüter habe sie einen „wunderbaren Stellvertreter“ gefunden, mit dem sie sich jetzt schon abstimme und Absprachen treffe.
Zwischen Revier und Münsterland
Katrin Göckenjan tauscht eine große Gemeinde gegen einen großen Kirchenkreis. Hier 13 000 Gemeindeglieder verteilt auf drei Stadtteile einer Großstadt, dort sieben Städte und Gemeinden mit zwölf Kirchengemeinden. Eine heterogene Landschaft im Übergang vom Ruhrgebiet zum Münsterland. Sie ist sicher, dass es eine spannende Zeit werden wird. Weil sie neue Menschen kennenlernen wird und weil sie einen Rollen- und Perspektivwechsel vornehmen muss. In Buer ist Katrin Göckenjan eine von insgesamt sechs Pfarrerinnen und Pfarrern einer selbstbewussten und agilen Gemeinde, im Kirchenkreis Recklinghausen wird sie Superintendentin sein, Leiterin einer Körperschaft, die zwischen den Gemeinden vor Ort und der Landeskirche in Bielefeld eine wichtige Scharnierfunktion übernimmt. Katharina Göckenjan weiß, was auf sie zukommt: „Aufsicht, na klar.“ Aber in dieser Leitungsfunktion sieht sie sich weniger als „Kontrolleurin von oben“. Sie will Prozesse anstoßen und Gemeinden in ihrer Entwicklung begleiten, unterstützen, stärken. Und dabei deutlich machen, dass notwendige Veränderungen nicht verordnet werden sollen, sondern gemeinsam gestaltet werden können. Und zwar so, dass sich die Menschen „nicht entmündigt, nicht entmachtet“ fühlen. Den durch rückläufige Mitgliederzahlen und schwindende Kirchensteuereinnahmen gekennzeichneten Prozess dreier einstmals selbstständiger Gemeinden zu einer Großgemeinde hat Katrin Göckenjan in Buer selbst miterlebt.
Identität einer Gemeinde
Es musste der Verlust einer Pfarrstelle ausgeglichen werden, jetzt fasste die Trinitatis-Gemeinde den Beschluss, sich von teuren Gebäuden zu trennen. Immobilien, die die Identität einer Gemeinde stiften. In Scholven wird ein Gemeindehaus aufgegeben, in Hassel eine Kirche geschlossen, in Buer steht mittelfristig die Aufgabe eines Gotteshauses bevor. Auch im Kirchenkreis Recklinghausen werden die Finanzen eine wichtige Rolle spielen. „Wir müssen sehr viel genauer auf unsere Ressourcen schauen, Verwaltungseinheiten schaffen und Doppelstrukturen abschaffen“, sagt die zukünftige Superintendentin.
Gestaltung der Zukunft
Sie plädiert dafür, das Geld effektiver einzusetzen und vielleicht auch heute noch ungewöhnliche Quellen der finanziellen Unterstützung zu erschließen. So denkt sie an Menschen, die der Evangelischen Kirche nahe stehen und sie finanziell unterstützen wollen, nicht (nur) über die anonyme Kirchensteuer, sondern mit einer gezielten Gabe an die örtliche Gemeinde oder für ein bestimmtes Projekt. Zukunftsgestaltung dürfe nicht zum Selbstzweck geraten. Katrin Göckenjan: „Wir müssen darauf achten, dass bei allem nicht die Kirche auf dem Spiel steht.“