Gelsenkirchen-Horst.. Hella Wegener ist so stark sehbehindert, dass sie nur noch hell und dunkel unterscheiden kann. Bei der Landtagswahl im Mai aber durfte sie ihre Stimme nur im Beisein einer Wahlhelferin abgeben - obwohl Vertrauenspersonen sie begleiteten. Wegener: „Damit ist mir das Recht auf geheime Wahl entzogen worden.“

Die vorgezogene Landtagswahl ist längst gelaufen, die Koalitionsgespräche sind beendet, die neue Landesregierung hat ihre Arbeit aufgenommen. Trotz dieser Routine erinnert sich Hella Wegener von der Schüttlakenstraße in Horst noch ganz genau an den 13. Mai. Die blinde Frau machte sich am Vormittag des Wahltags zusammen mit zwei Personen ihres Vertrauens auf den Weg in das Wahllokal in der Nordsternschule und konnte doch nicht in geheimer Wahl ihre Stimme abgeben.

„Nur Recht auf Briefwahl“

„Im Wahllokal angekommen, eröffnete mir die anwesende Wahlhelferin, dass ich als blinde Person nur ein Recht auf Briefwahl hätte und daher keinen Stimmzettel ausfüllen dürfte“, berichtet die 69-Jährige von dem Zwischenfall. Ihre Sehbehinderung, erzählt Hella Wegener, ist so stark, dass sie nur noch hell und dunkel unterscheiden kann. Deshalb ist sie bei vielen Behördengängen auf die Unterstützung durch eine Begleitung angewiesen - erst recht bei der Stimmabgabe zu einer Wahl. Auf ihren Protest hin und den Hinweis auf die beiden Vertrauenspersonen erkundigte sich die Wahlhelferin beim Wahlamt und erhielt von dort die Auskunft, dass nur die Wahlhelferin Hella Wegener in die Wahlkabine zu begleiten habe, um dort den Stimmzettel für die Horsterin auszufüllen. Hella Wegener: „Damit ist mir das Recht auf geheime Wahl entzogen worden.“ Zum ersten Mal, denn bei allen Urnengängen in der Vergangenheit habe es noch nie derartige Schwierigkeiten gegeben.

Hella Wegener wollte diesen Vorgang nicht auf sich beruhen lassen. Sie nahm Kontakt mit Dagmar Brettschneider, sachkundige Bürgerin von AUF im Behindertenbeirat, wo ihr Protest auf einhellige Empörung gestoßen sei. Und Hella Wegener richtete ein Schreiben an Hans-Georg Nasiadek, der beim Referat Rat und Bezirksvertretungen auch für Wahlangelegenheiten zuständig ist. In diesem Brief verweist sie auf Paragraf 38 der Landeswahlordnung, der die Stimmabgabe behinderter Wähler bis ins Detail regelt und auch die Stimmabgabe durch eine Hilfsperson beschreibt.

Helfer werden geschult

In einem Telefongespräch und anschließend auch in einem persönlichen Schreiben hat Hans-Georg Nasiadek im Namen der Stadt sein Bedauern ausgedrückt und sich dafür entschuldigt, dass Hella Wegener nicht mit einer Person ihres persönlichen Vertrauens die Stimme abgeben konnte. Dieser Zwischenfall werde aber zum Anlass genommen, bei der nächsten Wahlhelferschulung noch einmal über die besonderen Vorschriften für die Stimmabgabe behinderter Wählerinnen und Wähler umfassend zu informieren.

Und Hans-Georg Nasiadek versichert Hella Wegener: „Ich werde noch einmal ausdrücklich darauf hinweisen, wie im Fall von behinderten Wählerinnen und Wählern zu verfahren ist, damit ähnliche Fälle in Zukunft ausgeschlossen sind.“

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