Das Max-Planck-Gymnasium Buer plant, Hausaufgaben mittelfristig nahezu abzuschaffen. Hintergrund ist die Schulzeitverkürzung, deren Folge längere Schultage und damit weniger Freizeit sind.

Gelsenkirchen-Buer. Kein Unterricht, keine Hausaufgaben: Dieses vollkommene Schülerglück könnte sich nach dem Ende der Sommerferien am Max-Planck-Gymnasium (MPG) durchaus häufiger einstellen. Denn dessen Leiter Reinhard Linnenbrink plant, in der letzten Ferienwoche einen Grundsatzbeschluss im Kollegium herbeizuführen, der mittelfristig Hausaufgaben nahezu abschafft. Ein Vorstoß, den die Leiter des Leibniz- und des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums für nur bedingt nachahmenswert halten.

Bevor aber die MPG-Schüler zur kollektiven La-Ola-Welle ansetzen: Die Hausaufgaben sollen nicht komplett wegfallen, sondern verlagert, sprich: während des Unterrichts erledigt werden.

Aufgaben in Unterricht integrieren

„Durch die Schulzeitverkürzung auf zwölf Schuljahre verbringen die Kinder und Jugendlichen an den Gymnasien deutlich mehr Zeit in der Schule als früher. Sie haben weniger Zeit für Sport, Musik oder Treffen mit Freunden. Diese Entwicklung möchten wir abmildern, als Fernziel sogar stoppen“, begründet der MPG-Chef die Initiative, die durch das NRW-Schulministerium nicht nur gedeckt, sondern geradezu gefordert sei.

Konkret heißt das: „Wir Lehrer müssen Wege finden, die Hausaufgaben in Schulaufgaben umzustrukturieren. Das in diesem Schuljahr am MPG erprobtes neues Doppelstunden-Modell von 90 statt 45 Minuten kommt uns da sehr entgegen. Wir werden es nach dem Ende der Ferien auf Dauer in allen Klassen einführen, so dass die Kollegen die Vertiefungs- und Sicherungsfunktion der Hausaufgaben viel einfacher in den Schulunterricht integrieren können.“ Insgesamt erlaube die Doppelstunde komplexere Lernfortschritte der Schüler als die „Zerstückelung“ durch den 45-Minuten-Rhythmus.

Ausnahme: Vokabeln und Lektüre

Ausnahmen werde es dennoch geben müssen, so Linnenbrink. Vokabeln ließen sich kaum effektiv mit Schülerlärm im Hintergrund lernen, und auch Lektüren müssten zu Hause gelesen werden.

Für Schüler des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums (AvD) werden Hausaufgaben weiterhin die Regel bleiben. „Hausaufgaben sind unverzichtbar. Sie abzuschaffen, ist eine Illusion“, sieht AvD-Leiter Friedrich Schenk die MPG-Initiative kritisch.

Allerdings hat das Gymnasium das Doppelstunden-Modell auch noch nicht so durchgängig erprobt wie die benachbarte Schule auf dem Goldberg. „Nach der Einführungsphase in den fünften Klassen in einzelnen Fächern setzen wir den 90-Minuten-Rhythmus zwar in den 6. Klassen fort. Insgesamt gibt es aber im Kollegium nach wie vor Vorbehalte, besonders bei den Fremdsprachenlehrern. Ob wir das Modell auf die Stufen 7 bis 9 ausdehnen, ist noch unklar“, sagt Schenk und verweist in Sachen Hausaufgaben auf das „Problem, bei dem Doppelstunden-Rhythmus nicht mit dem vorgesehenen Stoff durchzukommen“.

Die Doppelstunden böten nur vermeintlich mehr Lernzeit, tatsächlich müssten die Schüler in zwei Doppelstunden das Pensum von vier Einzelstunden bewältigen. „Aus Erfahrungsberichten von Gymnasialleitern anderer Städte weiß ich, dass es da durchaus Schwierigkeiten gibt.“

An AvD und Leibniz keine Änderung

Die AvD-Alternative lautet „schon seit rund zwei Jahren“: „Der Klassenlehrer hat eine Koordinierungsfunktion in Sachen Hausaufgaben. Er sichtet die im Klassenbuch eingetragenen Hausaufgaben der einzelnen Fachlehrer und sorgt dafür, dass der zeitliche Rahmen pro Tag von 90 Minuten in den Stufen 5 und 6 und von zwei Stunden in den Stufen 7, 8 und 9 nicht überschritten wird“, so Schenk.

Auch Leibniz-Leiter Konrad Fulst hält es für nötig, dass die Schüler zu Hause selbstständig den Unterrichtsstoff nachbereiten. „Einige, wenn auch nicht alle Schüler brauchen zwischendurch eine längere Pause. Der Stoff ist durch die Schulzeitverkürzung ohnehin komprimiert worden“. Er setzt zur Entlastung auf Tutoriengruppen: „Wir bieten für die Klassen 5 bis 7 täglich eine Hausaufgabenbetreuung durch ältere Schüler an, die 20 bis 30 Prozent der Kinder wahrnehmen. Sie bedeutet zwar eine Verlängerung der Schulzeit, wird aber als Hilfe sehr geschätzt.“