Gelsenkirchen-Beckhausen. .
Wenn man bei bestimmten Wetterlagen die Emscher sucht, braucht man keine Karte – man muss nur der Nase folgen. Noch ist das so, aber die Emschergenossenschaft hat Großes vor mit dem Fluss, der seit über 100 Jahren die Kloake des Ruhrgebietes ist. 4,5 Milliarden nimmt die Genossenschaft in die Hand, um aus dem Abwasser-Sammler wieder ein naturnahes Flüsschen zu machen. Und einige Millionen dieser Riesensumme werden zur Zeit auf der Emscherinsel an den Sutumer Brücken verbaut.
Nur ein schmaler Zufahrtsweg führt zu einem Bauzaun, hinter dem sich das zur Zeit wohl tiefste Bauloch des Landes fast versteckt. „Einen Bergmann kann das sicher nicht beeindrucken, aber für uns ist das schon riesig“, sagt Matthias Exner, Ingenieur bei der Emschergenossenschaft, bevor er das Türchen im Bauzaun öffnet. Der Besucher sieht in 40 Metern Tiefe das Fundament des Bauwerks, das von einem Betonring mit einem Durchmesser von 50 Metern umschlossen wird.
In diesem Bauloch soll einmal ein Kernstück der Emscher-Renaturierung arbeiten. Dazu muss man das Gesamtsystem sehen, erklärt Ilias Abawi, Pressesprecher der Emschergenossenschaft: „Unser Ziel ist es, keine Abwässer mehr in den Fluss einzuleiten. Dazu müssen wir einen unterirdischen Abwasserkanal bauen, der das gesamte Einzugsgebiet bedient.“ Dieser Kanal wird über 51 Kilometer von der Dortmunder Stadtgrenze bis zur Emschermündung in Dinslaken verlaufen. Um eine vernünftige Fließgeschwindigkeit des Abwassers von rund 1,8 Millionen Haushalten zu gewährleisten, muss das Abwasserrohr ein Gefälle von mindestens 1,50/00 aufweisen. „Wir Starten in Dortmund mit dem Kanal in einer Tiefe von acht Metern. Würden wir dann einfach weiter bauen, kämen wir in Dinslaken bei fast 80 Metern Tiefe an. Das funktioniert nicht“, erklärt Exner. Um das Abwasser immer wieder auf ein akzeptables Niveau anzuheben, müssen in dem Kanal Pumpwerke zwischengeschaltet werden. Drei dieser Anlagen sind geplant – eine davon wird das Riesenloch an den Sutumer Brücken füllen.
Am 11. September 2009 erfolgte der symbolische erste Spatenstich, dann gingen die schweren Baumaschinen ans Werk. Rund 60 000 m3 Boden wurde ausgehoben. Das allein machte auf der Rechnung einen Posten von rund 15 Millionen Euro aus. Dann hieß es, den Rohbau, also den Sockel und die Wände, zu erstellen. 17 000 m3 Beton und 1500 Tonnen Stahl verschwanden so in der tiefen Baugrube. Das schlug noch einmal mit 12 Millionen Euro zu Buche.
Diese Arbeiten sind seit Jahresanfang beendet, jetzt muss die leere Betonhülle noch mit technischem Leben gefüllt werden. 16 Kreiselpumpen finden darin ihren Platz. Sie haben die Aufgabe die Abwasser-Fluten um 35 Meter anzuheben. Sie sind dafür ausgelegt, mindestens 13 300 Liter pro Sekunde zu bewältigen. Das elektrische und technische Innenleben wird noch einmal mit rund acht Millionen Euro berechnet. Die oberirdischen Gebäude neben dem Pumpwerk werden übrigens vom Sieger eines Architektenwettbewerbs gestaltet. Etwa Mitte 2015 sollen die Arbeiten beendet sein und spätestens 2017 soll der 51 Kilometer lange Kanal in Betrieb gehen. Dann kann man auf der Suche nach der Emscher nicht mehr der Nase folgen.