Gelsenkirchen-Buer. Der Bischof von Münster geißelte öffentlich das nationalsozialistische Unrechtssystem - erstmals bei einer Firmreise am 22. März 1936 in Buer.
Kaum ist die Domplatte nach fast dreijähriger Bauzeit fertiggestellt, rücken zum Wochenende ein weiteres Mal Handwerker an: Hinter dem Chor der St.-Urbanus-Kirche lässt die Propsteipfarrei eine Bronze-Stele mit Büste von Kardinal Clemens August Graf von Galen installieren, der als Bischof von Münster öffentlich das nationalsozialistische Unrechtssystem geißelte - erstmals bei einer Firmreise am 22. März 1936 in Buer, so Propst Wilhelm Zimmermann.
Mit klaren Worten Stellung beziehen statt sich wegzuducken: Diese Eigenschaft des Bischofs von Münster (1878-1946), dem die Gemeinde Buer damals unterstand, sei nach wie vor aktuell, meint Reinhard Schaffrick, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats und der KKV Buronia (Verband der Katholiken in Wirtschaft und Verwaltung), unter dessen Schirmherrschaft das Denkmal steht.
„Wir möchten mit der Skulptur ein Zeichen setzen für Zivilcourage“, betont auch Propst Zimmermann. Kardinal von Galen habe sich nicht von den Drohungen der Nazis einschüchtern lassen, sondern in seinen Predigten das NS-Euthanasie-Programm angeprangert.
„In Buer hat er sich erstmals im großen Rahmen gegen die Übergriffe etwa der Hitler-Jugend auf Prozessionen und die Zurückdrängung des Religiösen aus dem öffentlichen Leben zur Wehr gesetzt. Er hat deutlich gemacht, dass christlicher Glaube und die NS-Ideologie unvereinbar sind“, sieht Zimmermann in St. Urbanus durchaus einen Anfang für dessen gesellschaftspolitisches Engagement.
Insofern sei die Aufstellung des Denkmals nicht nur als Beitrag zur Neugestaltung des Kirchplatzes zu sehen, sondern auch als Ermunterung an alle Bürger, über den privaten Tellerrand (des Glaubens) hinauszublicken und sich einzumischen.
Geschaffen wurde die 2,30 m hohe und 60 cm breite Bronze-Plastik von dem (protestantischen) Künstler Egbert Verbeek. Er gestaltete die Flugblätter mit den Predigten Kardinals von Galen, die als Dokumente des Widertands bis an die Kriegsfront weitergegeben wurden, als Sockel für die Gestalt des Bischofs: Wie Buchseiten, in die der Wind hineinbläst, wölben sich die Papiere; Kardinal von Galen blickt derweil ernst und konzentriert mit leicht gesenktem Kopf nach unten.
Für Schaffrick und Propst Zimmermann ergänzt die Skulptur die Gedenktafel für den 2001 selig gesprochenen Arbeiterführer und Widerstandskämpfer Nikolaus Groß (1898-1945) an der gegenüberliegenden Seite der Kirche. „Beide stehen für den Kampf gegen das NS-Unrechtsregime, der eine als gläubiger Laie, der andere als Kleriker“, so Zimmermann, der noch auf weitere Spenden zur Finanzierung des 30 000-Euro-Projekts hofft. „Erst die Hälfte der Kosten haben wir beisammen.“
Dass Kardinal von Galen durchaus auch kritisch gesehen wird, weil er als Adeliger kein lupenreiner Demokrat war: Diesem Umstand trägt die Pfarrei mit einem Vortrag am Freitag, 7. Oktober, 19 Uhr, Rechnung: Im Michaelshaus referiert der Historiker Prof. Dr. Joachim Kuropka von der Universität Vechta über den Bischof aus wissenschaftlicher Perspektive. Künstler Verbeek erläutert anschließend im Gespräch mit Schaffrick seine Gedanken zur Figur.
Gesegnet wird das Denkmal am Sonntag, 9. Oktober, nach der 11.15-Uhr-Messe vom Essener Bischof Franz Josef Overbeck und dem Alt-Bischof Reinhard Lettmann aus Münster. Nach dem Festakt gibt es Gelegenheit zur Begegnung mit den (Alt-)Bischöfen.