Buer.
Mit oder ohne Bordsteinkante: Das ist hier nicht die Frage. Wollen Stadtplaner Rollstuhlfahrer und Sehbehinderte gleichermaßen glücklich machen, müssen sie beides bieten. Aber dann bitteschön mit den richtigen Abmessungen und Steigungen - wie an der „Pilot-Kreuzung“ Nordring/Lindenstraße in Buer.
Behindertenvertreter und Fachleute des Landesbetriebs Straßen.NRW unterzogen die so genannte „Doppelquerung“ gestern einem Praxistest. Und zeigten sich (fast) vollends zufrieden, wie Harald Bode, Leiter des Straßen.NRW-Arbeitskreises „Barrierefreiheit im Straßenraum“ erleichtert feststellte. Denn: „Die alte Doppelquerung auf der Kreuzung nahe dem Discounter Lidl hat sich für Rollstuhlfahrer und Rollator-Nutzer mitunter als unüberwindbares Hindernis entpuppt“, so Bode. Und das, obwohl sie nach dem Leitfaden „Barrierefreiheit im Straßenraum“ des Arbeitskreises gestaltet worden war.
Aber der Reihe nach: Die bisherige Doppelquerung auf dem Nordring sieht auf der einen Hälfte eine Bordstein-Kante von 6 cm mit weißen Aufmerksamkeitsfeldern voller Noppen als Kontrast vor, die Blinden mit Langstock als Orientierung dienen und vor der Fahrbahn warnen. „Optimal“, urteilte etwa der stark sehbehinderte Erler Berend Steensma, Mitglied im Arbeitskreis. Auf der anderen Hälfte der Querung wird das Niveau dann per Sonderbordstein auf Fahrbahn-Ebene abgesenkt, damit Rollstuhlfahrer ohne Stolperkante über Straße und Mittelinsel gelangen können.
„Die Neigung des Sonderbordsteins hat sich aber in der Praxis als zu steil herausgestellt, für Mobilitätseingeschränkte bedeutete sie eine Unfallgefahr“, berichtete Bode. Als er im Herbst 2010 während der Bauphase davon erfuhr, organisierte er kurzfristig einen Sonderbordstein mit flacherer Neigung für die noch im Bau befindliche letzte Doppelquerung an der Ecke Nordring/Lindenstraße, lobte Manfred Liebich, Leiter des Bereichs Selbsthilfe Körperbehinderter (BSK) Gelsenkirchen.
Das spontane Engagement des Straßen.NRW-Mitarbeiters scheint sich gelohnt zu haben: „Die neue Doppelquerung halte ich grundsätzlich für gut. Ein paar Feinheiten müssten aber noch nachgebessert werden“, lautete das Urteil von Inge Paare-Renkhoff, Mitglied im BSK-Bundes- und NRW-Landesverband, die mit Rollstuhl extra aus Höxter angereist war. Sie kritisierte drei kleinere Stolperkanten beim Übergang von den Noppenplatten zu abgeschrägtem Sonderbordstein, Fahrbahnrinne und Asphalt. „Besonders ältere Rollator-Nutzer haben oft nicht genügend Kraft, den womöglich noch beladenen Rollator anzuheben.“
Große Hoffnungen, dass die bauausführenden Firmen dieses Manko nachbessern, hat Bode freilich nicht. „Die Kanten fallen unter bautechnische Einbautoleranz. Wir setzen künftig aber auf bessere Information und Einsicht bei den Firmen durch Workshops bei Straßen.NRW.“