Gelsenkirchen-Buer. .

Hossa. Wer hätte gedacht, dass uns aller Onkel Tom Angelripper und seine trinkfeste Spielmannschaft derart abwechslungsreich zu Werke gehen können. Zugegeben, auch auf den bisherigen Alben flirtete man mitunter mit dem Walzer („In München steht ein Hofbräuhaus“), unplugged Sounds („Johnny Walker“) oder dem Schlager im Allgemeinen und Besonderen („Die kleine Kneipe in unserer Straße“). „Nunc est bibendum“ („Es möge getrunken werden“, wie die alten Römer so zu sagen pflegten) schlägt das bisherige Repertoire aber um Längen. Die WAZ Buer hat schon mal exklusiv ins Langeisen rein gehört.

Insgesamt 17 Songs warten im Compact Disc Abspielgerät, die Gehörgänge des geneigten Hörers ordentlich umzurühren. Allerdings werden es voraussichtlich „nur“ 15 Titel auf das fertige Album schaffen. „Rechtliche Probleme mit den Verlagen/Autoren“, zuckt Onkel Tom mit den Achseln. Sei es drum, der Rest kann sich auf jeden Fall auch ohne Zugaben mehr als hören lassen.

Der Schankmeister des Vertrauens verlässt nämlich ganz bewusst alt eingetretene Pfade, die durch die Schubladen Punkrock und Metal führen, und begibt sich in bis dato fremdes Terrain. Da finden sich mitunter doomige Einflüsse („Bier), die mitunter auch mal ins Schwarzmetallische umschlagen. An anderer Stelle gibt es formschöne Duette mit weiblichen Gaststars (diesmal nicht wie weiland mit Töchterchen Lorena bei „Immer wenn ich traurig bin“, sondern mit der Lebensabschnittsgefährtin von Gitarrist Alex Kraft bei „Schade das man Bier nicht – ähäm – beischlafen kann“) oder auch mal klassisch Rockendes.

Eine Teamleistung wie Wirtsmann Tom berichtet: „Bei uns entstehen die Songs nicht wie bei anderen Bands: Wir tauschen keine Riff-Ideen per Email aus, sondern setzen uns in den Proberaum und ackern. Das ist einfach das Beste, was es gibt.“ Und weil jeder einzelne Musikant (zur Band gehören auch noch Drummer Corny, Gitarrist Sally und Bassman Marc) nebenbei auch noch bei anderen Kapellen der Wonne am Lärm frönt, sind die Einflüsse entsprechend vielfältig.

Natürlich dürfen auch beim neuen Album die schon in der Vergangenheit liebgewonnenen Neuarrangements alt bekannter Zechlieder nicht fehlen. Diesmal dreht man unter anderem „Ein Heller und ein Batzen“ (wurde gelegentlich schon live vorgestellt), „Junkers Kneipe“ oder den Bläck Fööss Stimmungsgarant „Trink’ doch ene mit“ durch den Angelripper’schen Wolf. Auf ein weiteres Medley muss die Hörerschaft allerdings verzichten. Die bereits erwähnten rechtlichen Probleme eben.

Außerdem gibt es noch zwei Hits aus der jüngeren Vergangenheit, die allerdings komplett neu aufgenommen wurden: Da ist zum einen die Festivalhommage „Auf nach Wacken (Kopp in’ Nacken)“ und zum anderen die Huldigung an den verstorbenen AC/DC-Sänger: „Bon Scott hab’ ich noch live gesehen“. Letzterer hat eigens eine leichter Auffrischung des Textes erfahren. Satt Britney Spears bekommen diesmal Hammerfall und Bushido ihr Fett weg. Man muss halt mit der Zeit gehen.

Verantwortlich für den Sound zeichnen übrigens ein alter und ein neuer Bekannter aus dem Tom’schen Clan: Während man die Musik im Studio von Drummer Corny Rambandt aufnahm drückte Ex-Sodomist Andy Brings in Sachen Gesang die Knöpfchen am Mischpult. Alte Seilschaften wurden auch in Sachen Vertrieb aufgefrischt. So hat man beim alten Label Drakkar in Witten unterschrieben, die „Nunc est bibendum“ Ende August in die Plattenregale wuppern will. „Eigentlich sollte das Album schon zum Wacken Open Air Anfang August raus, aber das wäre zu knapp geworden.“

Egal, das Warten lohnt sich. Denn mit „Nunc est bibendum“ hat Kneipenpatron Angelripper das abwechslungsreichste und vielleicht sogar beste Bräu seiner Solo-Karriere angezapft.