Buer. Beinahe 100 Jahre lang führten Nonnen das Sankt Marien-Hospital.
Das Sankt Marien-Hospital unterscheidet sich nicht nur optisch von anderen Krankenhäusern der Stadt. Es hat eine ganz individuelle Geschichte. Beinahe einhundert Jahre wurde das Hospital von katholischen Ordensschwestern geführt. Und bis heute befindet es sich in kirchlicher Trägerschaft.
Seit 1820 arbeitete in Buer der engagierte Pfarrer Johannes Heinrich Lappe. Er kam zu der Überzeugung, in Buer sei eine Verbesserung der medizinischen Versorgung dringend erforderlich. Kranken und Verletzten stand zu dieser Zeit lediglich ein so genanntes „Siechenhaus“ zur Verfügung. Elf Betten standen hier bereit. Doch das reichte dem Geistlichen nicht. Im Dezember 1867 realisierte er sein Vorhaben und eröffnete das erste Sankt Marien-Hospital, das damals in direkter Nähe zur Kirche St. Urbanus stand. „Das Krankenhaus ist entstanden, weil sich eine Gemeinde um kranke Menschen kümmern wollte“, so Uwe Becker, Pressesprecher des Hauses. Lappe erwarb hierfür die einstige Blaufärberei Crone und baute diese mit Spendengeldern und eigenen Mitteln um. Zwanzig Betten standen nun für Kranke zur Verfügung. Versorgt wurden die Menschen von den „Dernbacher Schwestern“.
Mit der Industrialisierung stieg auch der Bedarf an medizinischer Versorgung. Mehr Menschen, mehr Patienten, so einfach war die Situation zu erklären. Bis 1908 wurde das Haus stetig erweitert, bot zuletzt rund 70 Betten. Als auch das nicht mehr genügte, wurde ein Neubau errichtet: Die Geburtsstunde des heutigen Sankt Marien-Hospitals.
Tatsächlich gelang es, alle Patienten bis zum Weihnachtsfest 1908 zu verlegen. Einen Tag vor Weihnachten wurde der letzte Patient ins neue Haus gebracht, wo noch nicht alle Arbeiten abgeschlossen waren. Die große Kapelle, das Herzstück des Hauses, wurde erst im Februar komplett fertig gestellt. „Aber das Haus wurde schnell zu klein“, erklärt Helmut Lindner vom Verein für Orts- und Heimatkunde. Schon 1909 wurde ein Erweiterungsbau geplant. Zu den 180 Betten kamen weitere 123 hinzu. Und auch die wurden stets benötigt, denn viele Zechen der Umgebung brachten nach Unfällen ihre Kumpel ins Sankt Marien-Hospital. „2,30 Mark kostete der Tagessatz damals. Da bekommt man heute kein Frühstück mehr für“, lacht Friedrich Pascoletti vom Verein für Orts- und Heimatkunde.
Das Hospital wurde gebraucht. Auch während des ersten Weltkrieges, als das Haus zu einem Reservelazarett wurde. „Man versorgte Verwundete aus den belgischen und französischen Gebieten“, weiß Pascoletti. Zudem wurden Ärzte und Schwestern aus Buer an die Front verpflichtet.
Nach den Kriegsjahren wurde weiter ausgebaut. Das „Gartenhaus“, heute ist es ein Ärztehaus, wurde errichtet. Damals fungierte es als Isolierstation für Patienten mit ansteckenden Krankheiten. Besonderheit am Bau ist die große Dachterrasse. „Weil man früher bei Tuberkulose meinte, viel frische Luft und Sonne würden helfen“, so Helmut Lindner.
1933 ändert sich das Leben der Ärzte und Schwestern. „Sie wurden sehr reglementiert“, weiß Lindner. Nach Kriegsausbruch wurden Teile des Krankenhauses zum Lazarett. Die Ärzte und Schwestern wurden verpflichtet, die dortigen Patienten zu versorgen. Parallel wurden Luftschutzräume gebaut, in welche die Ordensschwestern alle Patienten vor Luftangriffen brachten. Ihrem Einsatz ist es zu verdanken, dass während des Zweiten Weltkriegs nur ein kleiner Junge durch die Bombardierungen starb. Und mehr noch: Sie versorgten die Patienten trotz der schlechten Umstände bestmöglich. Im Garten des Hauses wurde Gemüse angebaut. Und zwei Kühe standen bereit, die Menschen mit Milch zu versorgen. Die Kohlen, die gebraucht wurden, um das Gebäude zu heizen, wurden von den Bergleuten beigesteuert.
Nach dem Krieg besetzten die Amerikaner das Haus. Die Schwestern freuten sich darüber. „Denn die Besatzer zeigten sich großzügig in Sachen Essen“, konnte Dieter Wiethölter vom Verein für Orts- und Heimatkunde recherchieren. Und die Amerikaner halfen bei der Beseitigung der Kriegsschäden.
Bis 1970 führten die „Dernbacher Schwestern“ das Krankenhaus. Wegen mangelnden Nachwuchses wurden sie danach abgezogen. Es wurde freies Personal eingestellt. Der christliche Geist aber ist im Sankt Marien-Hospital bis heute spürbar. „An vielen Prozessen im Haus sind bis heute Geistliche beteiligt“, so Uwe Becker. „Ich denke schon, dass sich das Christentum in Sachen Nächstenliebe auszeichnet. Das ist in unserm Hause eben spürbar.“