Westerholt. .

Die Wurzeln Westerholts reichen zurück ins tiefste Mittelalter. Denn der kleine Ort hat eine große Geschichte, die erst durch das Grafenhaus der Westerholts möglich wurde.

Im Jahr 1047 wurde der kleine Ort erstmals urkundlich erwähnt. Die heute noch in Teilen erhaltene Bebauung aber begann erst ab 1300. Den späteren Grafen von Westerholt, damals so genannte Dienstmannen, war die Gegend übergeben worden. „Die Grafen von Wessel, die erst mit der Niederlassung hier den Namen Westerholt annahmen, war das Land als Lohn für ihre Loyalität gegeben worden“, weiß Matthias Latus vom Heimatverein Westerholt. Schnell sollten durch Bauten Fakten geschaffen werden. „Und weil am schnellsten eine Kirche gebaut war, fing man damit an.“ Danach wurde die Burg Westerholt erbaut.

Hierfür aber brauchte man Handwerker, die angeworben werden mussten. Und sie mussten natürlich irgendwo wohnen. Die Grafen gestatteten ihnen, sich in der Nähe der Burg kleine Häuser zu bauen – der Grundstein für das heutige Westerholt, das schnell zu einem Handwerkerdorf wurde.

Die Westerholter Grafenfamilie war damals eines der reichsten Adelsgeschlechte in Westfalen. Davon zeugte auch die neu erbaute Burganlage. Und drum herum entwickelte sich ein reges Treiben. Vor allem die Leinen- und Wollweberei erwies sich als erfolgreich. Doch die Waren mussten vertrieben werden. Eine Aufgabe, die der Kiepenkerl, ein Mann mit großem Korb auf dem Rücken, übernahm. „Der war damals so etwas wie ein Handelsvertreter“, so Latus, der bei Stadtführungen selbst manchmal in dieser Kluft geht und mit dem mittelalterlichen Kiepenkerl nicht tauschen möchte. „Das Gewicht der Kiepe ist so groß, das zieht einen richtig nach hinten.“

Unter dem Schutz des Kölner Erzbischofs, unter den man sich 1359 gestellt hatte, lebte es sich recht gut. Schon 1400 wurde Westerholt eine eigene Pfarrei. Und mehr und mehr eine Hochburg des Katholizismus. Nur für wenige Jahre nahm das Dorf, gezwungen durch die Reformations-Unruhen und schwedische Besatzung, den evangelischen Glauben an. „Der hat sich aber nicht durchgesetzt“, schmunzelt Matthias Latus. Denn als die Besatzer gingen verließ mit ihnen der evangelische Glaube das Dorf. Vorerst.

Die beginnende Industrialisierung im 19. Jahrhundert brachte Westerholt in große Not. Die Leinen- und Wollweber im Dorf konnten mit den neuen Maschinen nicht mithalten. Neben der Mühlenpforte versuchte man, eine kleine Fabrik zu betreiben mit einer maschinellen Spinnerei. „Das klappte aber nicht. Auch aus Platzmangel. Und das war für Westerholt ein Supergau.“

Die Wirtschaft lag am Boden. Sie hatte die Industrialisierung nicht überstanden. Bis dann, rund fünfzig Jahre später, eben die neuen maschinellen Möglichkeiten dem Ort eine neue Zukunft bescherten. Das Handwerkerdorf wurde zur Bergbaustadt. 1905 begannen die Abteufarbeiten der Zeche Westerholt. Zwei Jahre später wurde die erste Kohle gefördert. Es gab einen Aufschwung. Westerholt wurde zur Bergbaustadt.

1974 war ein Jahr, über das in Westerholt keiner gerne spricht. Die Gemeindereform stand an. Eigentlich sollten Westerholt und Buer vereint werden. „Aber Westerholt wollte nicht der x-te Stadtteil von Gelsenkirchen sein. Also entschloss man sich zur Vernunftehe mit Herten. Es gab neue Ortsschilder, Stadt Herten stand drauf, Kreis Recklinghausen und klein darunter Stadtteil Westerholt.

Dem damaligen Grafen Egon war dies nicht genug. „Er ließ neue Schilder drucken. Da stand ganz groß drauf: Stadtteil Westerholt. Etwas kleiner darunter stand Kreis Recklinghausen. Und darunter Statt Herten. Das war sein Protest“, schmunzelt Latus über den eigenwilligen Grafen.

Die Stilllegung des Zeche Westerholt brachte eine neue Krise. „Das hat viele Arbeitsplätze gekostet.“ Drei Jahre danach ist noch keine Erholung in Sicht. „Die Kaufkraft ist weg“, weiß der Heimatforscher. Westerholt muss einen neuen Weg finden. Und das wird es. Denn untergehen, da ist Matthias Latus sicher, wird dieser kleine Stadtteil mit großer Geschichte nie.