Buer.

Jugendliche hören Punk oder HipHop, chatten viel und sind auf Provokation gebürstet. Soweit die Klischee-Schublade - in die sich Marcel Suttmeyer nicht stopfen lässt. Er fährt zwar auf laute Musik ab, aber nur dann, wenn er die Tasten drückt:

Der 13-Jährige spielt leidenschaftlich gern Orgel und begleitet als wohl jüngster Organist der Stadt einmal im Monat die Familienmesse in St. Mariä Himmelfahrt Buer. Mit geistlicher Musik, versteht sich, und nicht mit Punk oder Hip-Hop.

Ein bisschen strecken muss sich Marcel Suttmeyer noch, um mit seinen Beinen an alle Pedalen der Orgel zu reichen. Aber seine Finger fliegen mit einer Leichtigkeit über die Tasten, als wäre er mitsamt Klaviatur auf die Welt gekommen.

Lampenfieber? Marcel schüttelt den Kopf. „Mich entspannt Orgelspielen total“, sagt er, wendet sich der Bach-Fuge zu und jagt seinen Zuhörern eine Gänsehaut über den Rücken. Gelernt ist gelernt.

Und das seit vielen Jahren: Seine Eltern begannen mit der musikalischen Früherziehung bereits vor Marcels Geburt. „Während der Schwangerschaft hat meine Frau eine Klassik-CD aus dem Singapur-Urlaub gehört, rauf und runter. Damit ließ sich Marcel später als Baby gut beruhigen“, so sein Vater Ludger Suttmeyer.

Im Gottesdienst faszinierten den Kleinen besonders die Orgelklänge - und dass der Opa Josef Suttmeyer, Kantor von St. Konrad Middelich, dem Instrument eben diese entlocken konnte. Regelmäßig hockte der Junge bei ihm und spürte wohl, dass das Beste in der Musik nicht in den Noten steht, wie Gustav Mahler es formuliert hat.

Fortan war er infiziert, sang mit fünf Jahren im Kinderchor St. Konrad, nahm Keyboard-Unterricht bei seinem Opa und stieg 2005 um auf Klavier. „Ich spielte von da an zu jeder Tageszeit, morgens, mittags und abends“, erinnert sich Marcel. Oft durfte er an der großen Orgel in St. Konrad spielen und wagte sich schließlich unter der Regie seines Opas als Zehnjähriger daran, eine Frauenmesse allein zu begleiten. Es folgten weitere Gottesdienste und Taufen und, seit September 2010, die Familienmesse um 10.45 Uhr an jedem zweiten Sonntag in St. Mariä Himmelfahrt. Dabei macht der 13-Jährige auch Vorschläge zur Liedauswahl, denn die Liturgie beherrscht der Gymnasiast im Schlaf.

Angst sich zu verspielen, hat er nicht. „Dann improvisiere ich eben“, sagt er gelassen, und Kantor Carsten Böckmann, Marcels neuer Klavier- und Orgellehrer, bestätigt: „Improvisation ist seine große Stärke.“ Dass Marcel nur noch 25 Minuten am Tag übt und so Zeit hat, Freunde zu treffen oder im Hockey-Club Buer zu spielen: Sei’s drum. „Marcel ist ein riesiges Talent. Wenn er wollte, könnte er aus der Musik seinen Beruf machen.“