Buer. .

Vier Jahre mussten die Sodom-Fans nach Liedgut der drei Thrasher aus dem beschaulichen Schaffrath darben. Vier lange Jahre, die zwar mit reichlich Auftritten und dem zweiten Teil der „Lords Of Depravity“-DVD geringfügig verkürzt wurden, aber immerhin trotzdem 1460 Tage dauerten. Oder 35 040 Stunden. Oder 2 102 400 Minuten. Oder 126 144 000 Sekunden.

Wo war ich?!

Ach ja. Aber jetzt ist es endlich soweit: Am 19. November wird das neue Machwerk in die Plattenregale einsortiert. Und eines schon mal vorweg: „In War And Pieces“ ist eine der stärksten Veröffentlichungen in der mittlerweile gut 30-jährigen Geschichte der Radaubrüder geworden.

Die elf Songs des Albums vereinen alles, was Sodom ausmacht, lässt man vielleicht die schwarz-metallisch angehauchte Frühphase einmal außen vor. Es gibt schnelle Klopper wie zum Beispiel das brachiale „Hellfire“ (da ist der Name mal wieder Programm), Groove Monster („Nothing Counts More Than Blood“), Stampfer wie „Soul Contraband“ oder „The Art Of Killing Art“ (könnte eine logische Fortführung des Gassenhauers „Napalm In The Morning“ vom M-16-Album sein) oder Epen wie „Styptic Parasite“ und der Titelsong.

Und nachdem man sich auf den letzten Alben in dieser Richtung zurückgehalten hat, haben Sodom auch eine alte Tradition wieder aufleben lassen: Mit „Knarrenheinz“ findet sich auch endlich mal wieder ein deutschsprachiger Song auf „In War And Pieces“, der sich nahtlos in Hits wie „Ausgebombt“ oder „Der Wachturm“ einreiht.

Das klingt jetzt nach dem Aufwärmen altbekannter Erfolgsrezepte, ist es aber nicht. Denn trotz aller Besinnung stilinherente Tugenden blicken Sodom nach vorn und scheuen sich auch nicht neue Wege zu gehen. Man nehme nur mal die Eröffnungsnummer in „War And Pieces“, die mit zu einem Crescendo ansteigenden Akustikgitarren-Intro eingeleitet wird.

Auch musikalisch-technisch haben die Herren Sodomisten im Vergleich zu ihrem bisherigen Schaffen noch mal eine ordentliche Schüppe drauf gelegt. Da glänzt Gitarrist Bernemann nicht nur mit einer ganze Reihe Nackenbrecher-Riffs, sondern brilliert auch mit abwechslungsreichen, filigranen Soli, die auch gerne einem Marty Friedmann (vormals Megadeth) aus den Fingern hätten quellen können.

Und auch Bandboss Tom Angelripper schreit trotz intensiven Zigaretten-Abusus wie noch nie in seiner Laufbahn. Offensichtlich hat Produzent Waldemar Sorychta den Frontmann bei den Aufnahmen ganz schön getreten.

Apropos Waldemar Sorychta: Der Meister der Regler hat der Scheiblette ganz nebenbei auch noch einen Mördersound spendiert. Im Gegensatz zu vielen Genregenossen, die sich im sterilen und matschigen Einheitsbrei ergeben, klingt „In War And Pieces“ natürlich, warm und dabei immer noch enorm druckvoll und differenziert. Da könnte man dem guten Mann fast verzeihen, dass er Anhänger der schwarz-gelben Kickertruppe aus der verbotenen Stadt ist.

Fazit: Mit „In War And Pieces“ liefern Sodom auf jeden Fall das beste Album der Bobby/Bernemann-Ära ab, das aber auch den Vergleich mit Klassikern wie „Agent Orange“ oder „Persecution Mania“ nicht scheuen muss. Also: Kaufen! Zur Erinnerung werden wir kurz vor der Markteinführung des neuen Produkts an dieser Stelle noch einmal darauf hinweisen.

Die Hard-Anhänger sollten im Plattenregal stöbern. Auf Vinyl (dieses schwarze Plastik, von dem Papa immer Musik hört) erscheint „In War And Pieces“ noch mit einem Bonustrack („Murder One“). Der ist nicht umsonst nach dem Verstärker von Oberwarze Lemmy benannt und klingt ganz zünftig nach Motörhead.