„Ich hab nur Damen bis 64“, sagt eine Dame. Sie sitzt auf einem Stuhl und strickt an einem bunten Socken. Neben ihr türmen sich auf einem Tisch gebrauchte Kleidungsstücke. Die Fragestellerin dreht sich um und geht weiter. Denn es gibt viel zu sehen, zu untersuchen und anzuprobieren bei der Kleiderbörse der Adipositas-Selbsthilfegruppe im Bergmannsheil.

„Die meisten Teilnehmer verkaufen hier ihre alte Kleidung, um dann neue kaufen zu können“, erklärt Sonja Schwark, die Leiterin der Gruppe. Wobei die Mehrzahl bereits einige Kilos abgenommen hat und die zu großen Stücke nun los werden will. Dinge, die zu klein sind, die kommen hier fast nie auf den Tisch. „Weil man bei den Kleidungsstücken ja immer die Hoffnung hat, dass die Sachen mal wieder passen könnten.“

Und die Hoffnung ist nicht unberechtigt. Andrea etwa will ihre alte Kleidung an die Frau bringen. Vor einem Jahr wog sie noch 160 Kilo. Über fünfzig Kilo nahm sie schon ab. Ein Magenbypass half ihr dabei. Früher trug sie Kleidergröße 58. Heute 48. Ganz sicher braucht sie die alte Kleidung in Zukunft nicht mehr. Einige Teile aber hat sie sogar selbst genäht. Und so kommt ihr die Börse sehr gelegen. „Es ist eine gute Art, an Kleidung zu kommen. Gerade, wenn man, wie wir häufig, zwischen den Größen steht und ohnehin noch viel abnehmen will.“ Die neue Kleidung für kleines Geld ist aber nicht nur praktisch, sie ist auch ein Ansporn. So kaufte ein männlicher Gast einem anderen eine Hose ab, in die der nun zwei Mal hinein passen würde. „Das will ich auch schaffen“, zog der Käufer zum nächsten Stand.

Jeweils im Frühjahr und im Herbst veranstaltet die Selbsthilfegruppe die Kleiderbörse für große Größen. In der Zwischenzeit treffen sich die Mitglieder zu Gesprächen, zum Bowlen oder zum gemeinsamen Walken. „Unser Ziel ist es, die Betroffenen unter die Leute zu bringen. Denn häufig haben die wenig soziale Kontakte“, erzählt Sonja Schwark. Häufig sei auch das Abnehmen ein Thema. Und auch wenn viele darin bereits erste Erfolge erzielten - es bleibt aktuell. „Man kann das mit anderen Suchtkranken vergleichen“, schildert Andrea. „Doch Raucher oder Alkoholiker können ihr Suchtmittel einfach weglassen. Das können wir nicht.“