Seit April ist Carsten Böckmann Kantor in St. Urbanus. Wie schon zuvor in St. Martinus in Westerholt hat er sich auch den Kirchenkonzerten verschrieben. Und die erfreuen sich großer Beliebtheit. Das Besondere: Böckmann erreicht alle Bevölkerungsschichten. Auch jene, die sonst keine Konzerte besuchen. WAZ-Mitarbeiterin Kira Schmidt sprach mit dem Kantor über die kulturelle Aufgabe von Kirche.
Herr Böckmann, erst in der vergangenen Woche füllten Sie wieder mit einem Konzert die Kirche St. Urbanus. Viele Menschen kamen, die Eintrittsgelder für andere Konzerte nicht bestreiten können. Provokativ gefragt: Wird die Kirche zum Konzerthaus für Arme?
Carsten Böckmann: Man weiß ja nicht so genau, wer als Gast hier ist. Aber ich versuche, mein Prinzip auch hier anzuwenden, Konzerte bei möglichst freiem Eintritt stattfinden zu lassen. Das ist dann schon mal eine Hürde, die die Besucher nicht nehmen müssen. Ob das immer so möglich sein wird, das weiß ich jetzt noch nicht.
Das heißt, keinen Eintritt zu nehmen, ist Ihre persönliche Philosophie?
Ja. Weil ich denke, dass wir in der Kirche in einer anderen Situation sind als in einem Stadttheater, wo Eintrittsgelder zwingend notwendig sind. Wir sind ja kein Konzerthaus. Auch wenn es in die Richtung geht, ist ein Kirchenmusiker nicht dafür da, Konzerte zu machen. Die Kirchenmusik ist fester Bestandteil der Liturgie. Die Konzerte sind nur Beiwerk. Von der anderen Seite betrachtet kann man aber sagen, ein solches Konzert lockt Menschen in die Kirche, kann eine Brücke bauen. Manche Menschen haben nur noch diesen Kontakt zur Kirche. Um aber noch einmal auf den Eintritt zu kommen: Wir sind hier in einem Kirchenraum, der muss für jeden offen sein. Auch bei Konzerten.
Und mit Ihrer Philosophie treffen Sie auf offene Ohren in der Pfarrei?
Bisher hat sich noch keiner beschwert. Und wir sind mit den Spenden hin gekommen. Denn bei uns ist ja der Eintritt frei, der Austritt nicht. Da bitten wir um eine Spende im Rahmen der Möglichkeiten.
Sie sagten schon, Sie sind nicht sicher, ob das Prinzip immer anwendbar sein wird...
Ich bin deswegen auf der Suche nach Sponsoren. Vielleicht wollen die sich ja werbetechnisch einbringen, zum Beispiel in die Programme.
Muss damit die Kirche in eine neue kulturpolitische Rolle hinein wachsen?
Da ist sie schon längst drin. Wenn man sich die Terminkalender anschaut und das Verhältnis von Kirchenmusik zu weltlicher sieht, sind die Kirchenkonzerte mit über 50 Prozent vertreten. In diesem Fall ist die Kirche Kulturträger. Wenn auch nur im Bereich der geistlichen Musik. Auch wenn die immer facettenreicher wird.
In vielen Bereichen spielt das ja gar keine Rolle. So bleibt doch etwa Bach immer Bach, egal wo er gespielt wird.
Richtig. In den verschiedenen Epochen war Kirchenmusik immer großer Bestandteil des kompositorischen Schaffens. Viele Stücke sind eh schon für den kirchlichen Raum gemacht. Aber wie sich die Kirche in der Liturgie öffnet, öffnet sie sich auch immer mehr im Bereich der Musik.
In der Zusammenfassung des Gesprochenen: Was sind Ihre persönlichen Ziele für die kommende Zeit?
Ich möchte die ganzen verschiedenen Einflüsse in der Pfarrei zusammen bringen. Dafür bin ich koordinierender Kirchenmusiker. Und ich möchte die Chorarbeit voran treiben. Übrigens auch wieder ein Aspekt, wenn es um das Geld geht. Die Chorarbeit ist ja auch kostenfrei. Und unabhängig von der Konfession. Im Gegensatz dazu kostet jeder Tanzkurs oder die Mitgliedschaft im Fußballverein Geld.