Den Sommer über war eine Parkbank ihr Bett. Das ging einigermaßen. Bis es dann kalt wurde. „Dann hab ich gesagt, Sabine, geh' du ins Frauenhaus, ich geh' ins Männerwohnheim.”
Seit Juni sind Sabine und Peter obdachlos. Seit einer Inhaftierung wegen einer Geldstrafe haben sie ihre Wohnung nicht mehr betreten dürfen. Obwohl alle Sachen noch darin sind. Gemeinsam übernachteten sie unter freiem Himmel. Sie hatten nicht viel, aber immerhin einander. „Wir sind ja seit zwei Jahren verlobt”, meint Peter. 46 Jahre ist er alt. Die Vernunft und die Sorge um seine kranke Partnerin ließen ihn ein Machtwort sprechen. Doch seitdem sie eine Unterkunft haben, sind die beiden nachts getrennt. „Ich sehe sie morgens zum Frühstück und dann bis ich abends nach Hause gehe.” Die Tage verbringen sie nun gemeinsam im Weißen Haus in Buer, einer ökumenischen Tageseinrichtung für Menschen ohne festen Wohnsitz.
Da ist auch Christof täglich. Seit zwei Monaten ist er hier gemeldet - die einzige Chance, wieder Sozialleistungen zu erhalten. Lange lebte der 26-jährige in einem Abrisshaus. „Da hatte ich wenigstens fließendes, kaltes Wasser und konnte mich waschen.” Doch auch dort wurde es zu kalt. Wie Peter schläft er im Männerübernachtungsheim. Und wie er geht er täglich von Schalke aus zu Fuß zum Weißen Haus. „Eine Stunde bin ich unterwegs”, erzählt er. Im Frühjahr verlor der gelernte Maurer seine Arbeit, hoffte, bald eine neue zu finden und meldete sich nicht arbeitslos. „Aber die Miete wurde ja weiter abgebucht.” Schnell folgte die Pfändung, dann die Obdachlosigkeit.
Christof stand vor dem Nichts. Seine Nahrung suchte er sich zusammen. „Ein paar Bäcker stellen abends die Reste raus.” Er sammelte Leergut. „Und es gab auch mal zwei Tage nichts zu essen.” Den letzten verzweifelten Schritt, sich das Essen auf kriminelle Weise zu besorgen, ging Christof nie. „Nee, das mach' ich nicht. Das stand für mich nie zur Debatte. Klar geht's einem scheiße, wenn man die Leute in den Läden sieht, wie sie Lebensmittel kaufen und man selbst hat nichts. Aber ich hätte nie genommen, was anderen gehört.”
Dann erfuhr Christof vom Weißen Haus. Davon, dass es hier etwas zu essen gibt und eine Kleiderkammer. Hier keimte bei ihm wieder Hoffnung auf. Vor allem, wenn er die ersten Erfolge bei anderen sieht.
Sabine und Peter haben eine Wohnung in Aussicht. „Zum 1. November können wir einziehen”, freuen sich beide. Endlich kann sich die herzkranke 42-jährige dann einer wichtigen Katheter-Untersuchung unterziehen. Und das Knie muss dringend operiert werden. „Und dann läuft das Leben normal”, hofft Peter. Es könnte sogar noch besser kommen, meint Sabine an ihren Verlobten gerichtet. „Es wäre schön, wenn du einen Job finden würdest, später.”
Soweit ist Christof noch nicht. „Ich bin dabei, eine Wohnung zu suchen.” Die hat er noch nicht gefunden. Aber immerhin, die Hoffnung darauf ist zurück. „Ich wünsche mir, dass alles Schritt für Schritt geht und ich von vorne anfangen kann. Wer weiß, was die Zukunft bringt. Ich versuche einfach, wieder reinzukommen in die Gesellschaft.”