Gelsenkirchen-Buer. Der Propsteichor von St. Urbanus in Buer. inszenierte Haydns „Schöpfung“ gefühlvoll. Die Akustik des Doms machte den Musikern zu schaffen.
„Die Schöpfungsgeschichte ist nicht überholt. Über das Lob der Schöpfung lernen wir Demut“, erinnerte Pfarrer Marius Schmitz zur Begrüßung in St. Urbanus am Sonntagabend beim Konzert des Propsteichores. „Die Schöpfung“ von Joseph Haydn, ein Mammut-Werk, ein Oratorium von 110 Minuten in drei Teilen, von unvergleichlicher Schönheit und Spiritualität, hatte sich der Chor unter der Leitung von Carsten Böckmann zum Höhepunkt des Pfarreijubiläums „1000 Jahre Kirche in Buer“ ausgesucht.
gelsenkirchener chor „novus exodus“ wird 20 jahre altEs spielten die Essener Philharmoniker, an der Truhenorgel Dr. Hans-Jakob Gerlings aus Dorsten. „Eine zutiefst geistliche Erfahrung, Musik selbst ist eine schöpferische Kraft“, versprach Schmitz. An dieser Stelle vorab gesagt, war es sehr schade, dass Böckmann, in vorauseilender Fürsorge das Publikum einlud, „sich in den zwei Stimmpausen die Beine zu vertreten“. Wer in der „Schöpfung“ versinken wollte, wurde nolens volens aus der Meditation gerissen. Und auch sonst war es teils sehr unruhig in den Bänken, es gab durchaus Zuhörer, die während der Musik gesprochen und kommentiert haben. Kaum zu glauben, bei diesem dichten, mystischen Werk.
Orchester überzeugte schon in der Ouvertüre
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„Das Chaos“, ein leiser Streicherteppich zeichnete ein unendliches Schwarz, eindringlich aufblitzende Trompetenfanfaren, kurze Lichtpunkte von Hörnern und Oboen, eine Klarinette der Vorahnung – die Qualität des Orchesters zeigte sich bereits in der Ouvertüre. „Im Anfange schuf Gott Himmel und Erde“, deklamierte Erzengel Raphael, Gregor Finke (Bass), mit schöner, sonorer Stimme. Schwebend, wie „der Geist Gottes über der Fläche der Wasser“ setzte der Chor ein und erstrahlte in voller Breite „es werde Licht!“. Ein kompakter Chorklang der 70 Sängerinnen und Sänger.
Die Akustik von St. Urbanus ist schwierig, Ausgewogenheit zwischen hohen und tiefen Stimmen und den Instrumenten spielte sich nur in der Mitte des Raumes ab, mischte sich dort in Perfektion. „Eine akustische Wand für Konzerte zu haben, die die Töne in den Raum reflektiert, wäre ein Traum“, sagte Böckmann. Denn die Leistung des Chores war gut, Verzweiflung, Wut und Schrecken wurden stimmlich ebenso mitreißend interpretiert wie der majestätische Lobgesang zu Ehren Gottes.
Ein Kraftakt für die Sänger
Ob choralartig aufgebaute Sätze oder Fugen wie im Schlussteil „Des Herren Ruhm, er bleibt in Ewigkeit“, der Chor blieb präzise über die weiten Strecken des Werkes, ein Kraftakt für die Sängerinnen und Sänger. Großes Lob an die Solistin Evelyn Ziegler (Sopran), die als Erzengel Gabriel so klar und hell, ohne Pathos, sondern schlicht und schön, verkündete, im dritten Teil als Eva dann in ein süßeres, schmelzendes Timbre wechselte.
Finke beeindruckte nicht nur mit seiner Modulation, sondern auch mit einem komplett auswendigen Vortrag, kein Notenblatt stand zwischen ihm und den Zuhörern. Uriel wurde vom Tenor Jörg Nitschke gesungen. Die drei Solisten verzauberten mit den Arien, Duetten und Terzetten, die Rezitative gefühlvoll begleitet von Gerlings an der Truhenorgel. Der Chor erfüllte seine Rolle als Dialogpartner mit präzisen Einsätzen, gut geführt von Böckmann in den Dynamiken.
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Eine gelungene Präsentation der „Schöpfung“ von Joseph Haydn, belohnt von dem reißenden Applaus einer vollen Kirche. Die Abschlussfuge mit dem „Amen“ gab es als Zugabe. „Amen“, mehr als ein „so sei es“, eine geistige Zustimmung zum unendlichen Wunder der Kreation, die in dieser Musik offenbar geworden war.