Gelsenkirchen-Hassel. . Im zweiten Anlauf soll die Bezirksvertretung Nord zwei alte Zechenhäuser aus dem Jahr 1918 unter Denkmalschutz stellen. Besitzer sind dagegen.
„Für uns ist jede Menge Willkür dabei“, sagen Christina und Udo Brock, deren Haus an der Velsenstraße heute von der Bezirksvertretung Nord im zweiten Anlauf unter Denkmalschutz gestellt werden soll. Im Januar hatte das politische Gremium das Ansinnen der Denkmalbehörde abgelehnt.
Bezirksvertretung Nord tagt im Rathaus Buer
Die Bezirksvertretung Nord tagt am heutigen Donnerstag um 16 Uhr im Saal Cottbus des buerschen Rathauses. Die Sitzung ist öffentlich.
Neben dem Denkmalschutz für die Velsenstraße diskutieren die Politiker über das Integrierte Entwicklungskonzept für das Zentrum Buer und die Planungen für das Stadtteilprojekt Hassel/Westerholt/Bertlich.
In der neuen Vorlage klärt Oberbürgermeister Frank Baranowski die Politiker auf: „Verbleibt die Bezirksvertretung bei ihrem Beschluss, so hat der Rat zu beschließen“.
Baranowski folgt damit der Argumentation des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe als obere Denkmalbehörde. „Wenn die Behörde das Denkmal als solches erkannt hat, muss es auf der Denkmalliste eingetragen werden“, erläutert LWL-Sprecher Markus Fischer.
Kein Recht, Nein zu sagen
Die Bezirksvertretung hat somit keine Chance, das Ansinnen der Denkmalbehörde abzulehnen. Genau so wenig übrigens wie die Eigentümer. „Die werden gehört, haben aber kein Recht, Nein zu sagen“, so Fischer. „Wir haben von der Stadt einen Fünfzeiler im August 2018 erhalten, in dem uns das Vorhaben angedroht wird. Bei Rückfragen sollten wir uns melden“, berichtet Hausbesitzerin Andrea Dietzel.
„Seither versuchen wir die untere Denkmalbehörde bei der Stadt zu erreichen, bekommen aber niemanden ans Telefon.“
Nicht einkalkulierte finanzielle Belastungen
Familie Brock hat nach eigenen Aussagen bisher noch gar keine schriftliche Nachricht von der Stadt erhalten. Das Ansinnen hat für Unmut bei den Eigentümern geführt.
Zumal zwei weitere Nachbarhäuser im Sommer letzten Jahres unter Denkmalschutz gestellt wurden und die Nachbarn nun mit vorher nicht einkalkulierten finanziellen Belastungen leben müssen. „Wir haben das Haus gekauft, haben neue Kunststofffenster bestellt und wollten mit der Renovierung starten“, berichten Feliz und Safak Bekmezci.
Keine Fördergelder erhalten
Kunststofffenster gingen beim Denkmal nicht mehr, Holzfenster mussten her. „Unser Einzug hat sich um Monate verzögert, allein die Kosten für die Fenster sind um 20.000 Euro höher als geplant“, so Bekmezci. Die zunächst von der Denkmalbehörde versprochenen Fördergelder seien bis heute nicht geflossen. „Wir haben nicht einen Cent gesehen“, sagt Bekmeczi.
Hinzu komme der Ärger, weil man keine Planungssicherheit habe: „Bei einem Ortstermin mit der unteren Denkmalbehörde haben wir vereinbart, dass die Garage in einem Abstand von drei Metern vom Haus gebaut werden darf“. Die Absprache bestätigte Bekmezcis Anwalt Eberhard von Kell. „Nachdem alles vermessen und geplant wurde, soll die Garage jetzt am Ende des Grundstücks, etwa zehn Meter vom Haus entstehen.“ Bekmezci klagt zwischenzeitlich gegen die Stadt.
>>>>>>> Wichtigkeit der Konservierung
„Wir verstehen die Bedeutung, die der Erhalt ,typischer’ oder geschichtlich bedeutender Bauwerke einnimmt und können die Wichtigkeit der Konservierung durchaus nachvollziehen“, sagen Christina und Udo Brock. Auch wenn im Denkmalschutz die Berücksichtigung von Meinungen und Interessen der Eigentümer nicht vorgesehen zu sein scheint, würden sich die Eigentümer freuen, „wenn unsere Stimme als Bürger der Stadt dennoch gehört würde, da das Resultat uns doch letztendlich am meisten betrifft“.
Probleme haben die Anwohner vor allem damit, dass sie sich um einen Wertverlust ihrer Immobilie sowie das schwindende Interesse von potenziellen Käufern sorgen. Zudem fürchten sie bauliche Einschränkungen auch im Hinblick auf barrierefreies seniorengerechtes Wohnen sowie die Auseinandersetzung mit Normenkatalogen. „Auch ohne Denkmalschutz halten wir in unserem eigenen Interesse alle Renovierungen nah am Original. Die aufgestülpte Fremdregulierung können wir nicht gutheißen.“