Scholven. . Bevor die Ölpellets im Kraftwerkofen landen, werden sie analysiert. Täglich. Sowohl in der BP-Raffinerie als auch bei Uniper in Scholven.

Ein wenig haben sie Ähnlichkeit mit den Farbdosen im gut sortierten Regal eines Baumarktes um die Ecke, die handlichen 250-Gramm-Behälter, in denen morgens um 4 Uhr in der BP-Raffinerie in Scholven die Ölpellets für die tägliche Analyse gesammelt werden. Nachdem sie das werkseigene Labor auf dem Gelände in der Nähe des Tores Süd, das an der alten B 224 liegt, erreicht haben, landen etwa 100 Gramm der kleinen schwarzen Kügelchen zunächst im Trockenschrank.

Seit 1971 werden Ölpellets in Scholven produziert

Mit Beginn der Schwerölvergasung 1971 werden Ölpellets in Scholven produziert, „nicht als Abfall, sondern als Nebenprodukt“, wie BP-Manager Nick Johnson betont. Damals gehörten Raffinerie und Kraftwerk noch gemeinsam zur Veba. Mit den Pellets kam man der Firmenphilosophie nach, keinen Rückstand zu erzeugen. Gleichzeitig ist es ein Ersatzbrennstoff für das Kraftwerk, da der Heizwert mit 40 Megajoule pro Kilogramm höher als der von Steinkohle ist. Andere Raffinerien produzieren keine Pellets, sie liefern das in der Anlage anfallende Abfallprodukt schweres Heizöl an die Kreuzfahrtindustrie.

Für die nächsten sechs Stunden wird ihnen bei 105 Grad jegliche Flüssigkeit entzogen. „Danach werden sechs Gramm verpresst“, erläutert Laborleiter Klaudiusz Schwarz bei einem Rundgang den Mitgliedern des Gelsenkirchener Umweltausschusses. Die hatten sich Anfang der Woche aufgemacht, die Produktion, Analyse und Verbrennung der umstrittenen Ölpellets vor Ort bei BP und Uniper anzusehen.

Zwei bis drei Sekunden dauert es, bis die Maschine die Kügelchen mit einem Druck von 1,5 Tonnen zu einer Tablette mutieren lässt. Von der Größe her erinnert die Masse dann an etwa drei aufeinander geklebte alte Fünf-DM-Münzen.

Überschreitungen der Grenzwerte

In einem weiteren Schritt werden die Schwermetalle analysiert. In der Vergangenheit hatte es bekanntlich Überschreitungen der zulässigen Werte für das krebserregende Schwermetall Vanadium und Nickel gegeben. Wobei Uniper-Kraftwerksleiter Dr. Lars Wiese am Dienstag erklärt: „2014 haben wir die Überschreitung selber festgestellt und unverzüglich der Bezirksregierung gemeldet.“ Die Pellets seien daraufhin nicht im Kraftwerk Scholven verbrannt worden, sondern kamen in die Sondermüllverbrennung.

Für 2011, als man die erhörten Schwermetall-Werte laut Bezirksregierung und Uniper erst nach der Verbrennung festgestellt haben wollte, war es doch anders. „Wir wissen durch neue Berechnungen seit Montag, dass 2011 der Grenzwert nicht überschritten wurde“, sagt Wiese.

Die Kontrolle überzeugt

Darf sich die Bevölkerung darauf verlassen, dass bei der Ölpellet-Verbrennung alle Grenzwerte eingehalten werden?“ Das sei für Heike Gebhard, SPD-MdL, die wichtigste Fragestellung vor dem Besuch bei BP und Uniper gewesen. Die Art und Weise der Überwachung, die tägliche Kontrolle sowohl auf Seiten von BP als auch auf Seiten von Uniper sowie die Transparenz hätten Gebhard beruhigt. „Für mich ist auch eine wichtige Botschaft, dass Ölpellets, die die Voraussetzung zur Verbrennung bei Uniper nicht mitbringen, in die Sondermüll-Verbrennung gehen.“

Bei dem Besuch sei für sie ein Stück weit verständlich geworden, dass BP dem Moratorium nicht folgen und von heute auf morgen aus der Pelletproduktion aussteigen konnte. In der Schwerölanlage, in der die Pellets anfallen, werde die Hälfte des Wasserstoffs produziert, der für die Produktion benötigt werde, hatte BP-Manager Rick Johnson zuvor erläutert.

Unabhängig davon schaut Gebhard aber auf die Strafverfahren und die Einschätzung der Landesregierung, ob die Pellets ein Produkt oder Abfall sind.

Zwei „Röntgen-Geräte“ untersuchen bei BP die verpressten Pellets auf ihren Schwermetall-Anteil. 4500 Milligramm pro Kilogramm dürfen dabei nicht überschritten werden. „Durchschnittlich liegen die Werte zwischen 2500 und 3200 Milligramm“, so Schwarz. Nach der Analyse werden die Werte an Uniper gesendet und im Internet veröffentlicht.

„16 Stunden bevor die Pellets bei Uniper ankommen, liegen die Ergebnisse vor“, erläutert Wiese. 80 bis 90 Tonnen Pellets werden täglich in besonders gesicherten Containern zu Uniper transportiert. Bevor die Pellets im Ofen landen, nimmt Uniper selber eine Kontrollprobe.

Pellet-Produktion endet 2022

Bis zu fünf Prozent Pellets darf Uniper der Kohle beimischen. „Im Durchschnitt mischen wir etwa 1,5 Prozent zu“, so Wiese. Kontrolliert werden alle Messwerte von der Bezirksregierung. „Die schauen sich unsere Erhebungen an“, erläutert Wiese. „Die Emissionen am Kamin werden rund um die Uhr gemessen und nach Münster übermittelt“, erläutert Sigrun Rittrich von der Bezirksregierung. Einmal im Jahr überprüfe zudem ein externer Gutachter die Schwermetalle in den Emissionen.

Klar ist, die Produktion der Pellets bei BP ist endlich. Spätestens 2022 möchte Uniper mit einem neuen Gaskraftwerk in Scholven ans Netz gehen.

„Dann wird die Produktion der Pellets eingestellt“, erklärte Rick Johnson. Denn für ein Gaskraftwerk braucht man keine Pellets. Rein theoretisch könnte Uniper neben dem Gaskraftwerk zwei der heute drei Kohleblöcke weiter betreiben. „Aus heutiger Sicht ist das wirtschaftlich nicht darstellbar“, erklärt Lars Wiese. „Wenn der Strompreis auf dem Niveau von heute bleibt macht das wirtschaftlich keinen Sinn.“

>>>> Kommentar: Keine Absolution für BP

Um es vorwegzunehmen: Hier wird BP und Uniper keine Absolution erteilt. Allerdings erscheint die Analysetechnik der Ölpellets glaubwürdig. Grenzwerte werden nicht überschritten, die Politik zeigt sich nach dem Besuch bei der BP und Uniper beruhigt. Das hat durchaus seine Berechtigung.

Es heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass die Fehler der Vergangenheit nicht uneingeschränkt aufgeklärt werden müssen. In Bochum und Hamm ermitteln Staatsanwälte wegen der illegal in Hünxe deponierten Ölpellets. Das ist richtig und wichtig.

In Düsseldorf ringt das Umweltministerium mit einer Einschätzung, ob die Pellets nun ein Produkt oder doch Abfall sind. Das Ergebnis gilt es abzuwarten.