Gelsenkirchen-Buer. . Auch im Stadtnorden wird das Pflanzengift mangels Alternativen auf Felder aufgebracht. Landwirt Hubertus Hölscher plädiert für eine differenzierte Sicht

Hubertus Hölscher, Gelsenkirchens oberster Landwirt, ist bekannt für seine drastischen Worte und differenzierte Betrachtungsweise. Von daher ist eigentlich klar, dass man vom Vorsitzenden des Landwirtschaftlichen Lokalvereins Buer auf die Frage „Brauchen wir Glyphosat?“ keine eindeutige Antwort bekommt.

Klar ist: Hubertus Hölscher nutzt Glyphosat, noch. Aber auch mangels möglicher Alternativen. „Es gibt keine Möglichkeit, Unkräuter, die in Wellen wachsen, in der Kultur zu behandeln“, sagt er. Glyphosat sei heute wichtig, weil bei immer geringerer landwirtschaftlicher Fläche und wachsender Bevölkerung global betrachtet der Ertrag auf den Feldern wachsen muss. „Wir verbrauchen heute schon 1,6 Erden pro Jahr“, sagt Hölscher.

getreide von drei Kontinenten

Ob Glyphosat gesundheitsschädlich oder womöglich krebserregend ist, darüber streiten sich die Wissenschaftler. „Natürlich ist Glyphosat in Produkten gefunden worden, in die es nicht gehört“, sagt Bernhard Rüb, Sprecher der Landwirtschaftskammer NRW.

Aber selbst wenn Deutschland Glyphosat verbieten würde, sei nicht sicher gestellt, dass das Getreide in unserem Brot nicht mit Glyphosat behandelt wurde. „Das Getreide in einem Brötchen kann von drei Kontinenten kommen“, sagt Rüb.

Unehrliche Diskussion

Rüb hält, genau wie Hölscher, die Diskussion um das Pflanzengift für nicht ehrlich. Beispiel: Deutsche Bahn. Das Unternehmen reinigt die Gleise mit dem Pflanzenschutzmittel. Dabei ist der Einsatz in NRW nur auf landwirtschaftlich, forstwirtschaftlich oder gärtnerischen Flächen erlaubt. „Da denken Sie als Bahnkunde, sie fahren umweltfreundlich mit Ökostrom – auf mit Glyphosat gereinigten Gleisen“, gibt Rüb zu Bedenken. Und führt als zweites Beispiel den Online-Handel Ebay an. Dort wird Glyphosat ab 29,99 Euro angeboten.

Während Landwirte wie Hölscher vor dem Einsatz Schulungen absolvieren müssen und das Pflanzengift in abgeschlossenen Schränken aufbewahren müssen, „können Privatpersonen das Pflanzengift ohne Schulung kaufen“, sagt Hölscher. Die Landwirtschaftskammer versucht die zum Teil illegalen Verkäufe im Internet zu verhindern. „Ist letztendlich aber ein Kampf gegen Windmühlen“, so Rüb.

Für Firmen wie Bayer und Monsanto bestehe zur Zeit kein Anreiz notwendige Alternativen zu entwickeln, sagt Hölscher. Der Gegenwind sei zu groß. „Keiner renoviert eine Wohnung, in die er hinterher nicht einziehen darf“, sagt Hölscher .