Buer. . Rastlos, ruhelos, immer in Bewegung: So könnte man das Leben beschreiben, das Beatrix Zschech seit mehr als 50 Jahren führt und sich hauptsächlich zwischen Ballettsaal, Probenraum und den Bühnen der bunten Fernsehshows abspielt. Es ist ein Leben, das nie gradlinig und meistens auf Umwegen verlaufen ist. Und es war eine Umleitung, die die Gründerin und Chefin des Trixi-Mädchenchores und -balletts nach Buer geführt hat. An der Buer-Gladbecker-Straße hat die gebürtige Wanne-Eickelerin ihre Heimat, ihren Ruhepunkt gefunden.
Rastlos, ruhelos, immer in Bewegung: So könnte man das Leben beschreiben, das Beatrix Zschech seit mehr als 50 Jahren führt und sich hauptsächlich zwischen Ballettsaal, Probenraum und den Bühnen der bunten Fernsehshows abspielt. Es ist ein Leben, das nie gradlinig und meistens auf Umwegen verlaufen ist. Und es war eine Umleitung, die die Gründerin und Chefin des Trixi-Mädchenchores und -balletts nach Buer geführt hat. An der Buer-Gladbecker-Straße hat die gebürtige Wanne-Eickelerin ihre Heimat, ihren Ruhepunkt gefunden.
Es muss irgendwann im Jahr 1981 gewesen sein, da musste Beatrix Zschech wieder einmal nach Buer fahren, um Details für einen Trixi-Auftritt abzustimmen. Baustellenbedingt irrte sie um den Stadtkern, um dann in die Buer-Gladbecker-Straße einzubiegen, wo sie ein Mehrfamilienhaus entdeckte, das sich gerade in Bau befand. „Diese roten Klinker hatten es mir angetan“, erzählt sie mit lachenden Augen von einer Wende in ihrem Leben, von der sie damals noch nichts ahnen konnte.
In Wanne-Eickel war sie stets auf der Suche – nach einem Ausweg, nach einem Ziel, sicherlich auch nach Anerkennung. Vieles von dem hat sie in Gelsenkirchen, später dann auch in Buer gefunden. „Hier habe ich mich von Anfang an wohlgefühlt“, blickt die heute 69-Jährige zurück.
Das war nicht immer so. Zwar gab es Momente voller Stolz, Freude und Lampenfieber, als das aufgeweckte Mädchen vor dem Ostpreußenverein sang, in dem ihr Vater Mitglied war. Das unüberhörbare Gesangstalent brachte ihr in den frühen 1950er Jahren eine Einladung zur Elektrola und in der Folge auch Schallplatten- und Filmaufnahmen zum Beispiel mit Eddie Constantine ein, aber auch Neid und Missgunst. Ein Mädchen aus einer Bergarbeiterfamilie, das sich zu Höherem berufen fühlt: Dieses Vorurteil begegnete der kleinen Beatrix, die damals Gadzalla hieß, überall. Auf der Straße, in der Siedlung, auf dem Weg zur Schule.
Dabei galt es, ein ganz anderes Schicksal zu meistern. „Ich saß schon zwei Jahre im Rollstuhl, als ich eingeschult wurde“, erzählt Beatrix Zschech von ihrer Kinderlähmung. Weil sich nirgendwo eine Möglichkeit für ein orthopädisches Turnen finden ließ, hatte der Arzt empfohlen, es doch einmal mit Ballettunterricht zu versuchen. „Es war ein Wunder, es hat funktioniert“, berichtet Beatrix Zschech von den nun an regelmäßigen Fahrten nach Herne zu einer Gaststätte, wo in einem Hinterzimmer Stuhl an Stuhl gereiht wurde, um so Ersatz für eine Ballettstange zu schaffen.
Ballerina am Musiktheater
So fand sie ihre Mobilität zurück, konnte ins Kinderballett wechseln, Gesangs- und Klavierstunden nehmen und sich über Auftritte bei Vereins- und Kirchenfesten freuen. „Wenn Sie so eine Biografie und ein bisschen Talent haben, werden Sie herumgereicht“, fasste sie einmal den Lebensweg ihrer Kindheit zusammen. Es folgten mit zwölf Jahren ein Freistipendium für Tanzunterricht an der Folkwangschule mit Trainingseinheiten bei Boris Pilato, Ballettdirektor am Musiktheater, wo sie später als Ballerina auch auf der Bühne stand. Da Mutter Waltraud aktiv in der Arbeiterwohlfahrt war, lag es nahe, dass Beatrix auch an den Awo-Freizeiten für Kinder- und Jugendliche teilnahm. Dort sollte sich abermals ihre musikalische wie tänzerische Begabung unter Beweis stellen. Und als sie von einer dieser Freizeiten zurückkehrte, formte sich eine Idee, die sich bald auch schon als Berufung herausstellte: Warum nicht ein eigenes Ballett für Kinder und Jugendliche gründen? Das war die Geburtsstunde des Trixi-Mädchenballetts, zu dem sich bald auch ein Kinderchor gesellen konnte. Da war Beatrix gerade einmal 16 Jahre alt.
Da Kunst selten für ein gedeihliches Auskommen sorgt, lag es nahe, der dringenden Empfehlung ihres Elternhauses zu folgen, etwas Grundsolides anzustreben: Sie begann eine kaufmännische Ausbildung bei der Ruhrkohle. Die Anstellung beim Bergbau finanzierte den Lebensunterhalt: „Und von meinem ersten Urlaubsgeld habe ich Seemannskostüme für die Kinder gekauft.“ Ihr Leben gehörte aber der Bühne: „Bis 16 Uhr im Büro, dann den Probenraum herrichten, trainieren und alles wieder abbauen“, beschreibt sie ihren Alltag, „dann ist es halb acht, dann muss ich meine Träume wieder in die Schublade packen.“
Adrett und uniform gekleidete Mädchen mit Schleifen in den lockigen Haaren - das sollte das Markenzeichen der Trixis werden, auf die bald auch Musikindustrie und Fernsehunterhaltung aufmerksam wurde. Mal waren es nur sechs oder neun Mädchen, die Paola bei Auftritten in der ZDF-Hitparade begleiteten, mal war es das gesamte Ensemble, das zum Bühnenbild fast jeder großen Samstagabend- oder Sonntagvormittag-Show gehörte. Die Liste der Schlagerstars, mit denen die Trixis auftraten, ist lang: „Lena Valaitis, Heidi Brühl, Nicole, Roy Black, Max Greger, Jürgen Marcus“, zählt Beatrix Zschech auf und man ahnt, dass diese Zusammenfassung nur unvollständig ist. Zuhause im Revier gibt es Auftritte bei Vereinen, Verbänden und Stadtfesten. So gehörten die Trixis über viele Jahre zum festen Bestandteil der „Gelsenkirchener Woche“ auf der Bahnhofstraße, auch auf der Hochstraße in Buer traten sie regelmäßig auf. Nicht zu vergessen die Obdachlosenfeier der Amigonianer.
Beatrix Zschech ist sich bewusst, dass das Fernsehen auf vertraute Bilder setzt und damit kollektive Erwartungen auch beeinflusst. Junge Mädchen, die in weißen Blusen, kurzen Röcken und Kniestrümpfen stecken, die fröhlich Volkslieder singen: Das ist Fluch und Segen zugleich. Beatrix Zschech: „Die verkaufen ein Klischee, ein Bild, das es so nicht mehr gibt.“ Dass die Trixis sich entwickelt und ihr Repertoire auch ausgebaut haben, weiß vielleicht nur das hiesige Publikum, das die Musical-Shows besucht.
Die ganze Familie eingebunden
Aber es gibt noch eine andere Entwicklung, die Beatrix Zschech umtreibt. Natürlich sei heute der Umgang mit den Kindern und Jugendlichen partnerschaftlicher. „Aber ohne Disziplin geht es nicht. Wenn man dann etwas korrigiert, wird es gleich mit meckern gleichgesetzt“, sagte die Chefin der Compagnie. Es gab Zeiten, da zählten die Trixi rund 200 Sängerinnen und Tänzer, heute haben Ballett und Chor, dessen musikalische Leitung in den Händen von MiR-Kapellmeister Bernhard Stengel liegt, zwischen 80 und 100 Mitglieder. An dieser Entwicklung trägt ihrer Ansicht nach auch das veränderte Freizeitverhalten der Kinder bei. Schule und Ganztagsangebote ziehen sich bis in den Nachmittag hinein, in der Zeit, die übrig bleibt, müssen sich Chor und Ballett der Konkurrenz von Sportvereinen oder Musikschulen stellen.
Wahrscheinlich mehr als einmal hat Beatrix Zschech daran gedacht, die Leitung ihres Ensembles in andere Hände zu geben. Aber immer ist es noch anders gekommen. Nach dem Tod von Mutter, Onkel und Mann ist die 69-Jährige mehr gefordert denn je. Aufbauen, abbauen und dazwischen einen unterhaltsamen Awo-Nachmittag für Senioren zu gestalten, Kostüme zu nähen und Bühnenbilder zu gestalten: Das, was früher auf viele Schultern der Familie verteilt war, konzentriert sich jetzt meist auf eine Person. Beatrix Zschech: „Früher war die ganze Familie damit beschäftigt.“ Etwas kürzer zu treten, wäre ein allzu verständlicher Wunsch. Aber wie sähe Beatrix Zschechs Welt aus, so ganz ohne eine Herausforderung?
Sie sitzt auf ihrem Balkon in der Erdgeschosswohnung an der Buer-Gladbecker-Straße und erzählt von ihrem Leben. Zwischendurch klingelt mehr als einmal das Telefon. Es gilt, dieses und jenes und auch das noch zu organisieren, abzustimmen, in die Wege zu leiten. Denn Beatrix Zschech steckt mitten in den Vorbereitungen eines Umzugs. Nach all den Jahrzehnten in einer Eigentumswohnung will sie jetzt ein Haus beziehen, mit ausreichend Platz für all die Fotoalben, Schallplatten, Kostüme, Bühnenbilder und Erinnerungsstücke, die etwas mit „ihren“ Trixis zu tun haben, die jetzt die Schränke vollstopfen oder anderswo in Kellern nur eine vorübergehende Bleibe gefunden haben.
Beatrix Zschech erzählt von ihrer Zukunft und hadert doch mit den Plänen, die sie schmiedet. Ob es die richtige Entscheidung war, wird sich noch zeigen. Es ist auf jeden Fall ein konsequenter, geradezu gradliniger Entschluss: Das Haus liegt, ganz im Grünen, direkt am Ende der Buer-Gladbecker Straße.