. Der Umbau der Markuskirche zu einem Wohnhaus ist abgeschlossen. Nach der Schlüsselübergabe bereiten sich die ersten Mieter auf den Einzug vor.

  • Silvester 2015 wurde in der Markuskirche in Hassel der letzte Gottesdienst gefeiert
  • Da hatte schon das Nachdenken darüber eingesetzt, wie das Gebäude genutzt werden kann
  • Jetzt fand die Schlüsselübergabe statt: Die neuen Mieter können in diesen Tagen einziehen

Das waren bittere Momente im Leben einer Gemeinde: der letzte Gottesdienst am Silvestertag 2012, die Entwidmung der Kirche im Herbst 2014 und der „Ausverkauf“ des Inventars von der Bank bis zur Orgelpfeife im September 2015. „Die Wehmut der letzten Jahre“, so stellt Presbyterin Sylvia Erdtmann heute fest, „hat sich immer weiter entfernt.“ Die Zeiten haben sich also geändert.

Bei der Schlüsselübergabe am vergangenen Wochenende waren an der Biele in Hassel nur fröhliche Gesichter zu sehen. Acht von insgesamt zehn Wohnungen können in diesen Tagen bezogen werden. Das Projekt „Wohnen unterm Kirchendach“ ist damit abgeschlossen.

Zum ersten Mal eine Wohnung mit Balkon

„Du bist doch gar nicht so alt!?!“: Das musste Doris Schulz immer wieder hören, als sie im Familien- und Freundeskreis davon berichtete, dass sie demnächst eine der Wohnungen im Schiff der Markuskirche beziehen werde. Barrierefrei, so musste sie für Aufklärung sorgen, heißt an der Biele nicht gleich auch „nur für Senioren gedacht“.

In der ehemaligen Markuskirche sind alle Mieter willkommen: junge und alte, Menschen mit und ohne Kinder, mit und ohne Behinderungen, Alleinlebende und Familien. 47 Quadratmeter in der zweiten Etage reichen der 59-Jährigen aus, da war es ein schneller Entschluss, an der Dillbrinkstraße die Sachen zu packen und nur ein paar Meter weiter Richtung Norden zu ziehen. Zumal sie zum ersten Mal in ihrem Leben in den Genuss eines Balkons kommt.

Mehr Licht für die Nordseite

Die Milchglasscheiben der Balkonbrüstungen und die bodentiefen Fenster sind die wesentlichen Veränderungen an der Nordseite des Kirchengebäudes. Sie stehen auch für den Kompromiss, den an dieser Stelle die Trinitatis-Gemeinde als Bauherr und die Untere Denkmalbehörde gefunden haben. So erhalten die Wohnungen überraschend viel Licht und die Fassade behält weitgehend ihr typisches Aussehen. Dreimal drei Wohnungen im Kirchenschiff, dazu noch eine weitere Wohnung im Obergeschoss des Gebäudes mit dem Gemeindesaal, in dem sich jetzt das gesamte Gemeindeleben abspielt: An der Biele konnten Wohnungsgrößen zwischen knapp 50 und fast 100 Quadratmeter realisiert werden.

Von der Idee, eine dieser Wohnungen als Gästewohnung vorhalten zu können,musste sich die Gemeinde allerdings verabschieden: „Dafür gibt es wohl keinen Bedarf“, stellt Pfarrer Klaus Venjakob fest. Rückblickend stellt er erleichtert fest, dass es keine baulichen Überraschungen gab. Und dass sich die Gemeinde mit dem Gemeindesaal jetzt dauerhaft angefreundet hat: „Mit Dankbarkeit stellen wir fest, dass der Gemeindesaal als Gottesdienstort angenommen worden ist und dass Gottesdienste auch ohne ein Kirchengebäude gefeiert werden können.“

Einsicht in die Notwendigkeit der Umgestaltung

Eine, die diesem Vorhaben skeptisch gegenüber stand, ist Gisela Gottschlich. Ihre Zweifel sind nachvollziehbar, kam sie doch 1973 mit ihrem Mann als Küsterehepaar zur Markuskirche, versah Hausmeisterdienste und kroch beim Saubermachen buchstäblich zwischen den Kirchenbänken herum. Aus dem Hadern mit dem angekündigten Wohnprojekt ist eine uneingeschränkte Freude geworden: „Ich komme nach Hause“, sagt die Mieterin einer Wohnung, die eine Besonderheit aufweist:

Der Balkon bildet die bauliche Verbindung zwischen dem Kirchenschiff und dem Glockenturm. Es habe weh getan, mitansehen zu müssen, wie die Kirche entwidmet wurde und die Kirchenbänke herausgetragen wurden. „Heute sehe ich ein, dass diese Umgestaltung notwendig war“, sagt die 78-Jährige. Den Schlüssel zur neuen Wohnung hat sie bereits erhalten, jetzt müssen nur noch die Umzugshelfer kommen.