Gelsenkirchen-Erle. Hete Rolle-Keuper, die frühere Leiterin des Erler Kinderhauses St. Elisabeth, war beim Ehemaligentreffen besonders gefragt.
. Sie kamen aus Hamburg, Hannover, München und Frankfurt: Rund 70 ehemalige Heimkinder des Kinder- und Jugendhauses St. Elisabeth in Erle trafen sich jetzt bei Kuchen und deftiger Gulaschsuppe zu einem Wiedersehen. Vertreten waren Gäste im Alter von 21 bis 70 Jahren.
Es war nicht leicht, zehn Minuten am Stück mit der ehemaligen Heimleiterin Hete Rolle-Keuper zu sprechen. Immer wieder kam ein früherer Schützling an den Tisch und begrüßte die 74-Jährige, Küsschen und Umarmungen inklusive.
Begleitung zwischen Pubertät und Identitätssuche
34 Jahre lang leitete „die Rolle“, wie sie von „ihren Kindern“ liebe- und respektvoll genannt wurde, das Haus – und kämpfte mitunter „wie ein Löwe“. Denn nicht jeder war mit 18 Jahren bereit für das Leben da draußen. Wenn in ihren Augen ein verlängerter Aufenthalt notwendig war, hat sie sich mit dem ehemaligen Gelsenkirchener Jugendamtsleiter Alfons Wissmann auseinandergesetzt. Der habe einmal zu ihr gesagt: „Sie sind meine größte Feindin.“
Es waren manchmal schwierige Zeiten: Pubertät, Berufsfindung, Identitätssuche. Diese Probleme beschäftigen Heimkinder ebenso stark wie Kinder in „normaler“ Umgebung – vielleicht sogar stärker. Aber: „Ich habe kein Kind ohne Schul- oder Berufsausbildung entlassen“, erinnert sich Rolle-Keuper stolz.
Einrichtung betreut 70 Kinder und Jugendliche
Es sind heute die gleichen Gründe wie früher, aus denen Kinder in der Einrichtung Zuflucht suchen: zerrüttete Familienverhältnisse, drogensüchtige oder erziehungsunfähige Eltern, Gewalt, sexuelle Misshandlung. Derzeit befinden sich 70 Kinder und Jugendliche unter der Obhut des „Einrichtungsleiters“ Paul Rüther. Der 54-Jährige leitet das Haus seit 2005.
Erziehungsprobleme hatte auch der Vater von Udo Welz (70). Seine Mutter starb früh, der Vater stand alleine da – mit acht Kindern. Udo kam ins Heim: „Es war ein Hauen und Stechen.“ Misshandlungen seitens der Nonnen seien an der Tagesordnung gewesen. Der Messdiener war eigentlich zu Höherem berufen, während die meisten Kinder mit 14 Jahren „zum Bauern“ geschickt wurden: „Ich sollte aufs Gymnasium, hatte aber keine Wohnung.“
Auf dem Laptop Erinnerungen an alte Zeiten
So machte er eine Ausbildung zum Buchdrucker, arbeitete in diesem Beruf, schmiss hin, jobbte als Discjockey und Fernfahrer und die letzten 20 Jahre des Berufslebens wieder als Buchdrucker. Beim Ehemaligentreffen saß er an seinem Laptop und zeigte den Ehemaligen sein Fotoarchiv: aus anderen Zeiten.