Das kleine Industriedenkmal an der Horster Straße verliert seine vorletzten Schienen."Don Alfredo" muss einmal mehr auf sein Lebenswerk aufpassen

Zu einem Bahnwärterhäuschen muss vor allem eines gehören - Schienen, Gleise. Sonst macht die ganze Sache irgendwie keinen Sinn. Es sei denn, man hat es mit Alfred Konter zu tun, der seit 18 Jahren über das alte Bahnwärterhäuschen an der Horster Straße wacht. Spätestens seit April 2000, als die letzte Werksbahn des Bergwerks Hugo hier vorbei fuhr, hat sich der eigentliche Zweck des kleines Baus erschöpft, der längst dem Erdboden gleichgemacht wäre - wenn da nicht "Don Alfredo" wäre, wie Konter fast von allen genannt wird.

In diesen Tagen muss Don Alfredo wieder aufpassen auf sein Häuschen, dass er als Industriedenkmal für die Nachwelt erhält. Allerdings droht keine wirkliche Gefahr. Immerhin: Auf der Straße sind bedrohlich große Bagger angefahren, die Funken sprühen beim Zerteilen von schwerem Eisen.

Die Horster Straße sieht auch in diesem Abschnitt einer großen Renovierung entgegen, und deswegen werden an zwei Tagen die letzten Reste der Bergbau-Bahnschienen aus der Fahrbahn geholt.

Was sich einfacher anhört, als es sich in Wirklichkeit darstellt. "Das sind Gleistrageplatten", sagt Wolfgang Kiebler (55), der für die Firma Carl Dume aus Gladbeck den 6-Mann-Trupp anführt, der mit dieser Arbeit betraut ist. Die Gleistrageplatten sind etwa vier Tonnen schwere Beton-Quader, die zwei tiefe Furchen haben (für die Schienen). Vier von den Blöcken lagern in der Horster Straße. Sie werden mit dem Bagger an eigens ein-geschobenen Stangen angehoben und auf den Rad- und Wanderweg gelegt, der von der ehemaligen Bahntrasse übriggeblieben ist.

Don Alfredo freut sich. "Wenn das hier fertig ist, wird die Mauer, die 1990 hier errichtet wurde, wieder eingerissen. Dann hat man einen freien Blick auf das Bahnwärterhäuschen." Und der zeigt dann auch den kleinen Goldfischteich vor der von Konter angefertigten Kopie eines Mundlochs, man kann den Gedenkstein für das letzte Grubenpferd von Hugo (Alex ging 1949 in den Ruhestand) sehen und die Blumenrabatten, die links vom Häuschen gepflegt werden.

"Außerdem wird der Bereich vor dem Häuschen gepflastert", erzählt Konter. Das böte eigentlich Platz für die eine oder andere Veranstaltung. Aber Konter wehrt ab: "Ich hab' das als Industriedenkmal zu erhalten - mehr nicht." Zwei Mal am Tag fährt er meist die Strecke von der heimischen Wohnung an der Mühlenstraße bis zum Häuschen und zurück. Macht 24 Kilometer - beachtliche Leistung.

Einen Gefährten hat Alfred Konter vor wenigen Wochen verloren. Emmerich Kakoschka war fast immer da, wenn man Don Alfredo besuchte. Jetzt ist er im Alter von 80 Jahren gestorben. "Ich mach' das noch 26 Jahre", erzählt der 78-jährige Alfred Konter. Dann wäre er 104. Für einen Schalke-Fan sozusagen das Wunschalter. Und begraben werden möchte er unter der Gedenkplatte für das Grubenpferd Alex. Vielleicht hat sich bis dahin die strenge Friedhofsordnung geändert. . .

So ganz ohne Schienen steht das Bahnwärterhäuschen auch künftig nicht da. Die Straßenbahn fährt ja noch vorbei. Diese Kreuzung - Grubenbahn/Straßenbahn/Auto- und Fußgängerverkehr - galt es über Jahrzehnte zu sichern. Eine Elektrifizierung war nicht drin - wegen der scharfen Kurve, die die Hugo-Bahn 30 Meter vorher nahm. "20 Jahre lang hab' ich fünf Arbeitsplätze hier gesichert", erzählt Don Alfredo.