Französische und belgische Soldaten besetzten 1923 Buer und Horst. Die Bevölkerung litt große Not. Ein buerscher Mordfall war weltweit in den Zeitungen.
Sie gilt als große Schreckenszeit, die Leid und Not über die Bevölkerung brachte: Die Besetzung Buers durch französische, später durch belgische Truppen - in diesen Wochen vor 85 Jahren.
Im Januar 1923 begannen französische Truppen, Buer und seine Ortsteile zu besetzen. Später wurden sie von belgischen Truppen ergänzt und ersetzt. Die Nachricht verbreitete sich in Buer in Windeseile. „Dichte Nebel lagen über der Emscherniederung, als die Spitzen der französischen Verbände über die Bochumer- und Essener Straße in Buer-Mitte einzogen”, schrieb Fritz Gehb im Oktober 1925 in seinem Buch „Mit Peitsche und Bajonett”, in dem er nur drei Monate nach Ende der Besatzungszeit die Erinnerungen an „ein trauriges Kapitel der Stadt” festhielt.
„Gerade auf dem oberen Teil der Essener Straße bis zum Rathaus waren die fremden Reiter abgesessen.” OB Zimmermann protestierte gegen die „wiederrechtliche Besetzung”, was aber den franzöisischen Kommandanten Carot nicht beeindruckte. Für die Empörung der Bueraner, die sogar in Protesten mündeten, (vor allem vor der Pöppinghaus'schen Villa an der Essener Straße, dem Sitz des Kommendanten) wurde Zimmermann tags drauf gezwungen, vor dem franzöisischen Generalsstab in Essen um Entschuldigung zu bitten - „wegen Beleidigung der französischen Truppen”.
Die Besatzer herrschten von Anfang an ohne Pardon. „In blinder Wut wurden sinnlose Sanktionen verhängt wie wochenlanger Hausarrest während großer Teile des Tages”, so Gehb. Als grausam empfang die Bevölkerung vor allem die Einquartierungen, da Wohnungsnot herrschte. Machtlos waren nicht nur der Stadtrat und OB Zimmermann, der zum Durchhalten aufrief: „Was kommt, muss ertragen werden mit zusammengebissenen Zähnen.” Er selbst wurde viermal verhaftet, schließlich samt Familie ausgewiesen. Auch die Polizei wurde entmachtet und litt unter der Knute der Besatzer, wie Misshandlungen zeigen sollten.
Dokumentarberichte
Wenige Monate nach der Besatzung schrieb Fritz Gehb seine Erinnerungen an die schrecklichen zwei Jahre auf.
Verlegt und gedruckt wurde das Buch von Fritz Gehb von der Buerschen Druckerei, die es bis heute gibt. Gehb, der damals Lehrer an der städtischen Handels- und Berufsschule war, beschreibt die Besatzungszeit, mit der die Reparationszahlungen nach Ende des 1. Weltkriegs durchgesetzt werden sollten, in allen Einzelheiten. Das Buch umfasst mehr als 80 Seiten Dokumentarberichte. Die Besatzung in Buer dauerte von Januar 1923 bis Juli 1925.
In Horst wurde der Telefonbetrieb lahm gelegt, oft gab es Verkehrsbeschränkungen. Zwölf Bueraner fielen in der gesamten Besatzungszeit „feindlichen Kugeln zum Opfer”, u.a. Ludwig Knickmann, der mit einem Kompagnon eine Brücke an der Polsumer Straße gesprengt hatte und auf der Flucht beim Überqueren der Lippe (das Gebiet jenseits der Lippe war kein Besatzungsland) von den Franzosen erschossen wurde. Seine Leiche wurde später in Gahlen angespült.
Die Besatzungstruppen hatten über den Bahnhof Buer-Nord Verstärkung und Nachschub bekommen. Carot, zu dessen Befehlsgewalt auch Westerholt gehörte, stellte „ungeheure Anforderungen an Ausrüstungsgegenstände in Millionenhöhe”. Bald wurden die Lebensmittel knapp, Schikanen der Truppen gegen die Bürger nahmen zu.
Schon im Januar 1923 wurden die Zechen Bergmannsglück und Westerholt besetzt, Verhaftungen und Festsetzungen folgten. Später folgten auch die Besetzungen der Zechen Bismarck, Ewald und Hugo.
Eine Schreckenswoche erlebte Buer im März 1923 und erreichte weltweit unrühmliche Popularität, als auf der Hochstraße zwei französische Offiziere ermordert worden waren. Tags drauf wurden drei Bueraner von Besatzern misshandelt und erschossen, eine Trauerfeier wurde verboten. Die Vorfälle beschäftigten die deutsche und franzöisische Regierung, die Weltpresse berichtete darüber.