Die Linie 10 zog sich nach und nach aus dem Schienennetz zurück und war am Ende die letzte Tram der Vestischen in Buer. Offenbar gab es zwei schwere Unfälleauf der eingleisigen Strecke Richtung Resse.
Die Linie 10 - sie prägte am längsten als Bild der Vestischen in Buer. 1925 fuhr die erste Tram, 1978 die letzte auf dem Stück zwischen Gladbeck und Buer, 1980 auf dem verbleibenden Stück bis Herten - zuletzt als „210”.
Die „10” fuhr anfangs von der Freiheit über die Dorstener Straße, bog dann Richtung Westen ab, teilweise über freies Feld parallel zur Bahnlinie, und fuhr in Höhe Bärenkamp ein Stück über den alten Nordring, berichten die Heimatkundler Fritz Pascoletti und Helmut Lindner. Es gab ja den heutigen Nordring noch lange nicht (gebaut in den 60ern). Werner Schlüter aus Bülse ergänzt, dass die „10” auch ein Stück über den alten Forstweg fuhr, bevor sie auf die Gladbecker Straße (der heutige Forstweg) kam und am Haus Bülse hielt. „Wenn sie den großen Bogen fuhr, hörte man immer ein fürchterliches Gequietsche bis nach Scholven”, erinnert sich Schlüter. Die letzte Fahrt zwischen Gladbeck und Buer machte die „10” am 31. Oktober 1978. „Die letzte Bahn bimmelte gestern durch Bülse”, schrieb die WAZ Buer tags drauf.
Leser Manfred Köhler ergänzt, dass 1978 auch der Betriebshof am Egernpaltz aufgegeben wurde, da die Wagen für die verbliebene Linie 10, die noch zwischen Buer und Recklinghausen pendelte, von Recklinghausen eingesetzt wurden. „Mit der Stilllegung der Strecke von Buer bis Herten 1980 endete der Straßenbahnbetrieb der Vestischen in Buer. Den Abschnitt vom Rathaus bis zum alten Bahnhof Buer-Nord übernahm noch bis 1984 die Linie 302 der Bogestra, dann verschwand auch diese Strecke”, ergänzt Köhler. WAZ-Leser Klaus Schneider erinnert sich noch genau an die letzte Fahrt der Linie 11 aus Scholven 1963: „Ein Mann mit einem Schifferklavier spielte, es gab Luftschlangen und Schnäppschen. Es war fast wie Karnevalstrubel.”
Zurück zur Linie 10: WAZ-Leser Klaus Gerling, ein ausgewiesener Straßenbahn-Kenner, weist darauf hin, dass es wohl zwei schwerwiegende Unfälle auf der Linie zwischen Buer Rathaus und Resse, auf dem einleisigen Stück vor der Waldschänke, gegeben haben muss. Die WAZ hatte die Zeitzeugenberichte von Konrad Herz über den Tram-Unfall aus den 50er Jahren wiedergeben, Klaus Gerling legte in der Redaktion aber Fotos eines unbekannten Fotografen vor (siehe unten), der Aufnahmen von einem Unfall 1980 gemacht hatte. Ein Fahrschulwagen und ein Linienwagen der 210 waren dort zusammengestoßen, berichtet Gerling. Ursache soll eine defekte Signalanlage gewesen sein. Er brachte der WAZ auch das imposante Foto von dem Doppelgelenkwagen der Vestischen, der auf der Linie 12 Richtung Hassel und Polsum fuhr, und von der „10” mit.
Für Diskussionen sorgte der Hinweis, nach dem Krieg musste die Straßenbahngäste ab Erle Forsthaus zu Fuß über Emscher und Kanal, um auf der anderen Seite ihre Fahrt fortzusetzen. „Nur über die Emscher gab es eine Brücke. Über den Kanal wurden die Fahrgäste mit einer Fähre transportiert”, schreibt Alfons Theune. WAZ-Leser Heinz Sontopski bestätigt das. Allerdings: „Bevor die Fähre in Dienst genommen wurde, gab es einen Laufsteg über den Kanal. Was meinen Sie, was wir rennen mussten, um auf der anderen Seite die Bahn noch zu erwischen.”
Die Linie 1 fuhr einst von Buer bis Bredeney
Immer wieder beflügelt auch die Linie 1 die Erinnerungen: Helmut Lindner weiß noch ganz genau, dass er als Knirps von Buer bis Essen-Bredeney gefahren ist, um seine Oma zu besuchen. „60 Pfennige kostete das damals”, erinnert sich Fritz Pascoletti.
WAZ-Leser Wilhelm Danz (72) aus Horst erzählt im Gespräch mit der Redaktion, dass die „1” vor dem Bau der heutigen Turfstraße ein Zeit lang „vom Stern weg hinter Wälken den Tomhövel hochfuhr” und über eine Holzbrücke die Eisenbahnlinie querte. Grund waren Bauarbeiten an der Eisenbahnbrücke im Zuge der Buerer Straße gewesen. „Wenn die Straßenbahn die Brücke hochfuhr, gab es immer röhrende Geräusche.”
Auch an die Linie 23, später 24 von Horst nach Heßler kann sich Wilhelm Danz noch gut erinnern. Über die Wallstraße führte die Strecke, nach dem Krieg war am Kanal Schluss, die Brücke war gesprengt gewesen. „Mit einer Fähre kam man rüber, über die Emscher gab es eine Behelfsbrücke.” Auf der anderen Seite ging's dann weiter. 15 Pf kos-tete eine Fahrt. 1954 wurde die Linie eingestellt.
Helene Makowka (78) ist der harte Winter 1946/47 noch lebhaft in Erinnerung. „Damals war der Kanal zugefroren und die Fähre fuhr nicht.” Die Fahrgäste mussten nicht nur den langen Weg bis zum Kanal sondern auch über das Eis laufen. „Das war eine schwere Zeit damals.”
Jörg-Andreas Weber weist darauf hin, dass auch die Evag, der Essener Verkehrs AG, auf der Linie 1 anfangs bis Buer verkehrte. „Das war eine Gemeinschaftslinie.” Später sei sie in Horst geteilt worden, die Evag habe bis 1982 am Gleisdreieck Kärntener Ring, die Bogestra am Gleisdreieck Sparkasse Horst gewendet. Danach sei der Gleisstumpf der Vestischen (Haltestelle Essener Straße) reaktiviert worden, wo die Bogestra wendete, „und die Essener haben dann an der Sparkasse gedreht”.
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