Dafür nutzt Lukas Muras das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ). Der Dienst bei der Johanniter-Unfall-Hilfe gibt ihm ausreichend Zeit, seine Ausbildung als Rettungssanitäter zu absolvieren

Bei der Johanniter-Unfall-Hilfe in Buer absolviert Lukas Muras - nach dem Ersatzdienst - ein Freiwilliges Soziales Jahr. Foto: WAZ, Thomas Schmidtke
Bei der Johanniter-Unfall-Hilfe in Buer absolviert Lukas Muras - nach dem Ersatzdienst - ein Freiwilliges Soziales Jahr. Foto: WAZ, Thomas Schmidtke © WAZ

Wenn das Handy klingelt, ist das für Lukas Muras erst einmal ein Notruf. Der 20-Jährige schnappt sich seine knallrote Jacke. Den großen Rucksack mit den Gerätschaften wirft er sich über die Schulter und läuft zu dem weißen Kleinwagen, der vor dem Haus parkt. Muras fährt für den Hausnotruf der Johanniter. Freiwillig.

Wenn jemand den roten Knopf gedrückt hat, eilt der junge Mann so schnell es die Verkehrsregeln erlauben zu Wohnungen in Gelsenkirchen und im gesamten Kreis Recklinghausen.

Was ihn dort erwartet, kann er nie genau wissen. "Bei den ersten Einsätzen hatte ich noch Herzklopfen, jetzt bin ich locker", sagt Muras, ein ruhiger Mensch mit gebräuntem Gesicht und schwarzem Schopf. Durchschnittlich zweimal pro Tag- oder Nachtschicht wird er gerufen, wenn ein Rentner nicht mehr aufstehen kann, gestürzt ist oder sich einfach nicht wohlfühlt. Den Rest des Dienstes verbringt er mit Autowaschen, Fernsehen und Videospielen. Der Lohn: Ein Taschengeld von 400 Euro.

Der 20-Jährige hat seinen Zivildienst bereits hinter sich, das Fachabitur in der Tasche, aber noch keine konkreten Pläne für die Zukunft. Das Frewillige Soziale Jahr (FSJ) bei den Johannitern soll jetzt Orientierung schaffen.

Seit der Zivildienst nur noch neun Monate dauert, ergeben sich Schwierigkeiten für die Personalplanung von Hilfsorganisationen, Krankenhäusern und anderen typischen Zivi-Arbeitgebern - es entstehen Lücken. Eine Ausbildung zum Rettungssanitäter gewähren die Johanniter ihren Zivildienstleistenden gar nicht mehr. Die Lehrgänge sind so umfangreich, dass von den neun Monaten zu wenig Einsatzzeit übrig wäre. Anders sieht es bei den FSJ'lern aus. "Sie werden wichtiger", sagt Hermann Große Lackmann, Serviceleiter Hausnotruf bei den Johannitern.

Durch geänderte Maßstäbe der Bundeswehr werden inzwischen 38,3 Prozent aller jungen Männer in Nordrhein-Westfalen ausgemustert. Das reduziert vorab schon die Zahl derer, die verweigern und somit Zivildienst leisten könnten. Hinzu kommen womöglich die Männer, die wegen Kapazitätsproblemen der Kreiswehrersatzämter gar nicht erst gemustert werden. Die Zentralstelle für Recht und Schutz der Kriegsdienstverweigerer aus Gewissensgründen schätzt sie auf 157 000 bundesweit für den aktuell zu musternden Geburtsjahrgang 1990. Die Wehrbereichsverwaltung West betont dagegen: "Wer erfasst ist, wird auch gemustert."

Weder Bergmannsheil, noch Diakonie oder Rotes Kreuz vermelden derzeit einen echten Mangel an Zivis. Denn es stehen relativ geburtenstarke Jahrgänge zur Verfügung. Noch.

Bald werden die Instutionen vielleicht Helfer wie Stephanie Baumewerd stärker umwerben. Die 24-Jährige leistet in Schloß Horst ein Freiwilliges Jahr in der Denkmalpflege (FJD). Nach ihrem Bachelor-Abschluss in Kunstgeschichte nimmt sich die Bueranerin gerade eine Auszeit vom Studium und arbeitet vornehmlich in der Museumspädagogik des Schlosses.

Bei Hermann Große Lackmann von den Johannitern bewerben sich indes kaum junge Frauen. "Dabei formt ein Freiwilliges Soziales Jahr doch sehr die Persönlichkeit", sagt er.