Stille. Nichts als überwältigende Stille. Und Einsamkeit. So stellen sich wohl viele Ruhrgebietler, die nie über eine Halde hinausgekommen sind, den ersten Eindruck auf dem Gipfel eines Sechstausenders vor.
Tatsächlich aber stehen die Bergsteiger bei gutem Wetter Schlange, jedem werden oben nur rund 15 Minuten zugestanden, berichten Hans-Joachim Heißenberg aus Erle und Frank Terboven aus Buer. Auch in 6189 m Höhe auf dem Island Peak im Himalaya müssen bestimmte Verhaltensregeln eingehalten werden.
Dass sie den buchstäblichen Höhepunkt ihrer Expedition nur eine Viertelstunde genießen durften, hat das Duo letztlich aber gelassen hingenommen. „Das war schon in Ordnung so. Die anderen wollten ja auch nach oben”, sagt Heißenberg (53) rund drei Monate nach dem „größten Abenteuer meines Lebens”.
Erfahrung mit Gewaltmärschen in eisiger Kälte und dünner Luft hatten der Internist und der Industriemeister (42) bereits: „2002 hatten wir den 5550 m hohen Kala Pathar und das 5300 m hohe Everest Base Camp bestiegen, suchten aber nun eine neue Herausforderung”, berichtet Heißenberg. Völlig ohne Vorbereitung wollten sich die Zwei jedoch nicht ins Wagnis stürzen: Im Sommer 2006 trainierten sie den Umgang mit Steigeisen und Eispickel auf einem Schweizer Gletscher, bevor sie für Oktober 2007 die Island-Peak-Tour planten.
Eine Agentur organisierte einen einheimischen Führer, zwei Träger für Zelte, Schlafsäcke & Co. – und einen Koch. „Der hat alles für uns zubereitet, was wir wollten: Pizza, Frühlingsrollen oder Einheimisches mit Reis und Linsen.”
Nach dem Flug von Frankfurt über Doha (Quatar) nach Kathmandu (Nepal) und Lukla in 2800 m Höhe ging's dann in Tagesetappen über fünf Herbergen zum Basislager am Fuß des Island Peak auf 5070 m Höhe. Danach übernachtete die Truppe in Zelten und musste auf Annehmlichkeiten wie Toiletten und Duschen so gut wie verzichten. Immer wieder legte sie so genannte Akklimatisationstage ein, um sich an die dünne Luft und die schneidende Kälte bei –25 °C zu gewöhnen. „Das zehrte ganz schön an den Kräften.”
Heißenberg weiß auch jetzt noch, mit welch' steif gefrorenen Fingern er die Steigeisen anlegte und sich ins Seil einband. „Alle zehn Schritte gab's eine Pause. Als Marathonläufer hatten wir eine gute Kondition, aber in diesem Fall nützte uns das wenig.”
Heißenberg und Terboven blieben trotzdem dran. Drei Schritte – eine Minute Pause, die 150 m hohe und 45 ° steile Eiswand fest im Blick. „Wir haben uns immer gesagt: Den Rest schaffen wir auch noch.”
14 Stunden waren sie auf den Beinen, als sie endlich den Gipfel erreichten und einander in die Arme fielen. „Die Erschöpfung war sofort weg, es machte sich Erleichterung breit und der Gedanke ,Geschafft!'”, so Heißenberg. Die Aussicht über die Schnee bedeckten Gipfel – das Duo wird sie nicht vergessen. „Aber beim Blick auf den 8516 m hohen Lhotse wurden wir daran erinnert, dass wir doch nur auf einem 6000-er standen.”
Der Lhotse wird aber wohl auf das Duo Heißenberg/Terboven verzichten müssen. „Wenn ich 20 Jahre jünger wäre – vielleicht. Aber der Island Peak hat mir doch meine Grenzen aufgezeigt.” So wird's im Falle Heißenberg 2008 ein Familienurlaub werden: Camping in Kroatien.