Ingo Strecker aus Buer hat ein Buch über Tricktechnik-Papst Willis H. O'Brien verfasst. Der Amerikaner wurde durch „King Kong” berühmt.

New York in den 30er Jahren: Auf der Spitze des Empire State Buildings kämpft ein namhafter Riesenaffe gegen herannahende Flugzeuge. Die Szene aus dem (nicht nur Genre-) Klassiker „King Kong” dürfte wohl eine der bekanntesten der gesamten Kinogeschichte sein. Der Mann, der den Filmaffen zum Leben erweckte, hieß Willis H. O'Brien. Ihm hat Ingo Strecker, sonst auch als Komitte-Mitglied beim geheimnisvollen Filmclub Buio Omega aktiv, sein erstes Buch gewidmet.

„Eigentlich hatte ich vor, ein Gesmtwerk über die sogenannte Stop-Motion-Technik herauszubringen, doch ein solches Werk ist vor Kurzem erst in England erschienen”, berichtet der Autor. „Und deshalb habe ich mich eben dem Pionier auf diesem Gebiet gewidmet”.

Stop-Motion – das bedeutet: Ein Model, wie in diesem Beispiel King Kong, bewegt, fotografiert, und die einzelnen Bilder zu einer bewegten Szene zusammengesetzt. 24 Aufnahmen braucht man für nur 1 Sekunde Film, weiß der Fachmann.

„O'Brien hat das Verfahren zwar nicht erfunden, es aber als erstes in Verbindung mit real gedrehten Szenen eingesetzt”. berichtet der 39-jährige Film-Fan. „Dementsprechend war er maßgebend für viele Tricktechniker auch der nachfolgenden Generationen bis zur Einführungen der Computeranimation.”

Dav Cover von
Dav Cover von "Haben Sie jemals von KONG gehört?" © Nils Aders/HG

Bei seinen Recherchen, die ihn in den vergangenen acht Jahren beschäftigten, stieß Autor Strecker nicht nur auf viele interessante technische Informationen zu den Tricks, sondern auf Anekdoten rund um die Filme. „Ich habe unter anderem ein Gerichtsurteil aus Deutschland von 1933”, berichtet er. „Damals sollte der Film in Deutschland nämlich verboten werden. Offensichtlich war der Obrigkeit die Geschichte mit der arischen Frau in den Fängen eines Affen nicht genehm.” Verboten wurde der Film am Ende zwar nicht, dafür aber um eine viertel Stunde gekürzt.

Zusätzlich zu seinen Recherchen anhand Sekundärquellen etwa im Filmarchiv Berlin, führte Ingo Strecker auch Interviews mit Tricktechnikern wie Phil Tippet, der 1977 am ersten „Star Wars”-Streifen mitarbeitete.

Auch wenn sich bei der Arbeit zu „Haben sie jemals von KONG gehört?” (so der Titel des Werkes) herausgestellt hat, „dass die Projekte, an denen O'Brien zwar mitgearbeitet hat, die aber nicht zu Ende geführt wurden, zum Teil mindestens genaus interessant sind, wie die erschienenen Filme”, einen klaren Favoriten hat Ingo Strecker: „Ganz klar King Kong.”

Und sein Verhältnis zu digitaler Tricktechnologie? „Es geht so. Einiges ist schon gut gemacht, wie zum Beispiel der King Kong im Remake von Peter Jackson. Ansonsten ist mir die alte Technik aber lieber, da sie mehr darauf abzielte, einen Charakter zum Leben zu erwecken und ihn in die Handlung zu integrieren – und das mit handwerklichen Methoden – anstatt nur möglichst bombastische Einfälle zu realisieren. Und ein Trick, egal ob digital oder analog – lässt sich immer als solcher entlarven.”

Der Vater der Monster

Willis O'Brien bei Dreharbeiten mit einem seiner
Willis O'Brien bei Dreharbeiten mit einem seiner "Kinder". © privat

Willis Harold O'Brien wurde am 2. März 1886 im kalifornischen Oakland bei San Francisco geboren. Dort verdiente er sich zunächst als Comiczeichner bei einer Tageszeitung und als Preisboxer sein Geld und arbeitete auch als Assistent des Chefarchitekten der Weltausstellung 1915. Zur selben Zeit begann er auch mit Modellen aus Ton zu experimentieren.

Sein erster fünfminütiger Kurzfilm, „The Dinosaur And The Missing Link” entstand 1915. Bekannt wurde Willis mit „The Lost World” („Verlorene Welt”) von 1925 und natürlich „King Kong” („King Kong und die weiße Frau”). Später war er auch an „Die letzten Tage von Pompeij” beteilligt. In „Eine total verrückte Welt” sollte er die Finale Szene, in der die Schauspieler nach und nach von einer langen schwingenden Leiter fallen, gestalten. Willis starb allerdings 1962 vor der Fertigstellung im Alter von 76 Jahren.

"Man schaut anders"

Als Filmfan beschäftigt sich Ingo Strecker in einem nicht zu unterschätzenden Teil seiner Freizeit mit bewegten Bildern. Nach eigenen Angaben geht er zwischen 20 und 30 Mal pro Jahr ins Kino. „Hinzukommen aber auch noch die zahlreichen DVDs, die man sich zu Gemüte führt.”

Aus eigener Erfahrung hat er auch schon mehrfach festgestellt: Man schaut anders als normale Kinogänger. „Viele Leute gehen zum Beispiel in einen Film, weil da ein bestimmter Hauptdarsteller mitspielt, was mir vollkommen egal ist. Ich gehe dann schon eher danach, wer die Special Effects gestaltet hat.”

Neue Filme reizen ihn deshalb auch in erster Linie aus diesem Grund, wie Transformers, wenngleich dabei „die Tricks wirklich beeindruckend waren, das Drehbuch dagegen absolut graupe. Aber es gibt ja noch viele alte Sachen auf DVD zu entdecken.”

Ein neues Buchprojekt ist auch schon in Planung, über das Strecker allerdings noch den Mantel des Schweigens legt. Nur soviel: „Es wird noch spezieller.”