Es blutet weniger, die Operationsdauer verkürzt sich und die Dauer der Rehabilitation auch – das sind die Vorteile des neuen Verfahrens, das in der Stadt einmalig ist.
Horst List hatte Rücken. Immer schlimmer wurden die Schmerzen nach dem Sturz. Er hatte seine Frau pflegen wollen. Nach nur wenigen Tagen konnte der 78-Jährige weder stehen noch gehen. Die Diagnose: „Der vierte Lendenwirbelkörper war platt“, so Dr. Christoph Ballhorn, Oberarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie, der dem Patienten mit einem neuen und in der Stadt einzigartigen Verfahren half, das zudem selten durchgeführt wird.
Weil Horst List unter Osteoporose leidet, waren seine Wirbelkörper bereits porös. Bei dem Sturz wurde einer derartig verdichtet, dass er in den bildgebenden Untersuchungen tatsächlich nur noch „platt“ erschien. „Das kann man sich vorstellen wie ein Weißbrot, das man zusammen drückt“, so Dr. Alexander Awakowicz, Chefarzt der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie. Die Verletzung, die das Rückenmark um die Hälfte einengte, konnte über übliche Verfahren nicht behandelt werden. „Sonst pumpen wir das Weißbrot wieder auf und füllen den Wirbelkörper mit Zement auf“, so Awakowicz.
Neu ist das schonende OP-Verfahren
Horst List konnte nur eine Therapie helfen: die Versteifung des Wirbelkörpers und ein Wirbelkörperersatz. Dieses Verfahren ist nicht neu. Vielmehr ist es ist die schonende Weise dieses Eingriffs, der früher große Operationsschnitte erforderte.
Der Pensionär wurde zweimal operiert, jedes Mal rund zwei Stunden. Der erste Eingriff erfolgte über vier kleine Schnitte am Rücken. Denn die beiden Wirbel oberhalb und unterhalb der Verletzung dienen als Träger für ein spezielles Schraubenstabinstrument. Ähnlich einer Brücke in der Zahnmedizin halten sie sich und damit das Implantat an den benachbarten, gesunden Wirbelkörpern fest. Im Falle von Horst List wurden die Schrauben zusätzlich einzementiert, um eine hohe Stabilität zu erreichen. An der Stelle des verletzten Wirbelkörpers fungiert nun ein metallischer Ersatz als Abstandshalter. „Dann ist die Stelle gesichert gegen Zugkräfte und Kompressionskräfte“, so Christoph Ballhorn. Der Einsatz dieses Implantates geschah in einer zweiten Operation über einen kleinen Schnitt in der Seite.
Patienten erholen sich schneller
„Das Elegante an diesem Verfahren ist, dass man sehr kleine Schnitte hat“, erklärt Ballhorn, dessen Schwerpunkt Eingriffe an der Wirbelsäule sind. „Wenn die Wunden klein sind, reduzieren sich die Dauer der Operation und der Blutverlust.“ Alexander Awakowicz ergänzt: „Die Rehaphase ist kürzer, die Erholung des Patienten geht deutlich schneller.“ Und Angst haben müsse man vor diesem Eingriff auch nicht. „Die Wahrscheinlichkeit, dass wir Nervenstränge verletzen, ist extrem gering.“
Die Operation von Horst List liegt nun ein halbes Jahr zurück. Zum Gespräch im Krankenhaus konnte er alleine mit dem Auto fahren und vom Parkplatz aus ohne Gehhilfe her laufen. Völlig beschwerdefrei ist er nicht. Seine Lebensqualität jedoch ist viel höher. Er ist wieder selbstständig, nicht auf fremde Hilfe angewiesen. „Es geht mir gut“, sagt er und lächelt.