Es ist 9.29 Uhr. Die drei Mitarbeiter von Radio Emscher Lippe warten darauf, dass die rote Lampe aufleuchtet. Ann-Kathrin Krügel ist eben hereingekommen. Sie ist verantwortlich für die Lokalnachrichten. Berichtet vom Erdbeben in Italien und davon, dass die Innenstädte in der Emscher-Lippe-Region auch weiterhin attraktiv sind. Dann gibt sie zurück an die Frühschicht. Svenja Wahle liest die Verkehrsnachrichten, sagt, wo Blitzer stehen und wer sie gemeldet hat. „Danke an Heino.“

Es ist ein ganz normaler Morgen im Sender an der Hochstraße. Während im Medienhaus der redaktionelle Alltag beginnt, haben Lennart Hemme und seine Kollegin Svenja Wahle nur noch knappe 30 Minuten bis zum Feierabend. Sie sind aber auch schon seit halb fünf Uhr da. „Anderthalb Stunden bis zur Sendung zu haben, das passt gut“, sagt der Moderator, der eines der bekannten Gesichter des Senders ist. „Lennart moderiert drei von vier Wochen im Monat“, erzählt Chefredakteur Ralf Laskowski. „Der hat Ecken und Kanten und eine Meinung. Er ist eine identitätsstiftende Figur in unserem Programm.“

Ein junges Redaktions-Team

Viele junge Menschen sind bei Radio Emscher Lippe beschäftigt. Insgesamt besteht das Team aus fünf fest angestellten Redakteuren, zwei Volontären, der Sekretärin und dem Chef. Dazu kommen stets rund zehn freie Mitarbeiter. Wer zum Radio will, startet meist bei „seinem“ Lokalsender. Dort lernt man, sammelt Erfahrungen. Und oftmals zieht man danach weiter. „Wir sind der Durchlauferhitzer für junge Radiojournalisten“, sagt Laskowski und lacht. „Ich sehe das sportlich. Und am Ende bin ich wirklich stolz.“

Immerhin kommt etwa Sky-Sportmoderator Dirk große Schlarmann aus seiner Kaderschmiede. Und der ehemalige Mitarbeiter Marvin Fischer ist aktuell beim Hessischen Rundfunk tätig. „Ich stehe dann da, lächle und freue mich, dass wir die Leute so gut ausgebildet haben.“

Ein Vorteil: Der Sender bleibt jung. „Wir haben eine gute Mischung aus jungen und erfahrenen Leuten. Jesco von Eichmann zum Beispiel war einer meiner ersten Volontäre“, erzählt der Wahl-Gelsenkirchener, dessen Wurzeln in Lübeck liegen, vom passionierten Sportmoderator. „Es ist gut, so erfahrene Leute zu haben. Oder Corinna Schröder“, sagt er mit Blick auf die langjährige, bekannte Moderatorin. „Es ist toll, wenn man solche Urgesteine hat. Die sorgen für die richtige lokale Einordnung. Da ergänzen sich erfahrene Kräfte und junge optimal. Und das macht auch etwas mit der Programmwirkung.“ Schließlich will man die Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen weiter erfolgreich ansprechen. Das gelingt: Jeder dritte Mensch im Sendegebiet von Gelsenkirchen, Gladbeck und Bottrop hört Radio Emscher Lippe.

Im Hintergrund hört man das aktuelle Programm. Noch läuft Musik. Am Mikrofon gegenüber von Lennart Hemme steht Vanessa Winkel bereit. Sie hat einen Bericht mitgebracht über einen jungen Flüchtling aus Syrien, der heute zum ersten Mal in sein neues Gymnasium geht, Abitur machen und dann Medizin studieren will. Dafür ist eine Minute und dreißig Sekunden Zeit. Der Hörer erfährt die Essenz der Geschichte. Für das Drumherum ist keine Zeit.

„Das ist der große Unterschied zwischen Radio und Zeitung“, erklärt Ralf Laskowski. „Wir versorgen unsere Hörer mit Basiswissen, befähigen sie zum Mitreden. Wir können nicht in die Tiefe gehen – das ist eher der große Moment der Zeitung.“

Dabei hat der Chefredakteur auch immer seine Hörer im Blick. „Der durchschnittliche Hörer, den wir meinen gut zu kennen, hat meist nicht die Zeit, sich ein zehnminütiges Feature anzuhören. Der Großteil hat die selben Sorgen wie ich: Zwei Kinder zu Hause, wo morgens am Frühstückstisch der Streit entbrennt.“ Für lange Nachrichten ist da oft keine Zeit.

Für die Mitarbeiter des Senders ist das eine Herausforderung: „Unser Auftrag ist, allumfassend zu berichten. Wir müssen aber das rausfiltern, was die Menschen in drei verschiedenen Städten interessiert. Das ist jeden Tag ein Spagat und schon eine echte journalistische Leistung, die wir täglich erbringen.“ Eine Aufgabe, die Ralf Laskowski ausfüllt. „Dieser Job, der macht mir wirklich Spaß. Es wird nie langweilig. Wir machen so viel Neues, entwickeln uns immer weiter.“

Wieder läuft Musik. Für das Einspielen ist Lennart Hemme zuständig. Auswählen darf er die Titel aber nicht selbst. „Das macht die Musikredaktion“, sagt er und erzählt, dass dort getestet werde, ob die Musik ankommt. Schließlich muss man möglichst viele Menschen damit erreichen. „Wir müssen in Sachen Musik den kleinsten gemeinsamen Nenner bieten. Ausgefallen sind die Songs nicht. Weil wir schauen müssen, dass die möglichst vielen Menschen gefallen.“

Moderationen werden vorgeschrieben

Jetzt muss sich der Moderator konzentrieren. Immer hat er die Zeit im Auge. Man muss fertig sein mit dem Programm, wenn man um 10 Uhr zu den Weltnachrichten von Radio NRW nach Oberhausen abgibt. „Wir müssen hier viel rechnen“, erklärt er. Dann liest er seine nächste Moderation durch.

Diese werden am Computer von den Moderatoren selbst vorgeschrieben. „Sonst kommt man ins Labern.“ Die nächste Moderation kennt er noch gar nicht. „Wir schreiben die Texte für den anderen mit“, erklärt er - dieser stammt aus der Feder von Svenja Wahle. „Sie schreibt mehr, weil ich die Technik mache.“ Die Moderatorin ergänzt: „Und bei vier Stunden Sendung muss man viel schreiben.“