Gelsenkirchen-Buer. . Bislang reklamierte das niedersächsische Melle, Geburtsort von Auguste van Pels geb. Röttgen zu sein, die sich mit Anne Frank 1942-1944 in einem Amsterdamer Hinterhaus versteckte. Nun ist klar: Sie stammte aus Buer.

Launisch sei sie, egoistisch und streitsüchtig: Das Bild, das Anne Frank in ihrem berühmten Tagebuch von Auguste van Pels zeichnet, es ist wenig schmeichelhaft. Der Leser ahnt selbst rund sieben Jahrzehnte später, wie schwierig das Zusammenleben der zwei jüdischen Familien auf engstem Raum im Amsterdamer Versteck gewesen sein muss. Bislang reklamierte die niedersächsische Stadt Melle bei Osnabrück, Geburtsort der Auguste van Pels (1900-1945) zu sein. Nun ist klar: Die Frau mit dem Mädchennamen Röttgen war gebürtige Bueranerin.

„Laut Geburtsurkunde wohnten ihre Eltern an der Hochstraße 1“, so Dr. Daniel Schmidt, Historiker am Institut für Stadtgeschichte (ISG) – und selbst ganz überrascht von dieser Entdeckung. Darauf „gestoßen“ hat das ISG ein Bürger aus Melle, der auf der Suche nach der Geburtsurkunde Auguste Röttgens in seinem Heimatort eben nicht fündig wurde. „Also recherchierte er in Gelsenkirchen, dessen Stadtteil Buer ja bis 1928 selbstständig war; mit Erfolg.“

Auguste van Pels geb. Röttgen stammte aus Buer. Sie versteckte sich mit der Familie von Anne Frank in einem Hinterhaus.
Auguste van Pels geb. Röttgen stammte aus Buer. Sie versteckte sich mit der Familie von Anne Frank in einem Hinterhaus. © Sammlung Anne-Frank-Haus, Amsterdam

Kaum Quellen

Damit enden schon fast die gesicherten Fakten zu Auguste Röttgen in Buer. Fest steht lediglich, dass deren Vater Leo ein Kaufhaus auf der oberen Hochstraße betrieb und sich in der jüdischen Gemeinde engagierte; ihre Mutter Rosa war eine geborene Rosenau. „Wann und warum die Familie Richtung Osnabrück verzog, dazu geben unsere Quellen nichts her“, so Schmidt.

Aktenkundig wird erst wieder ihre Heirat mit dem jüdischen Niederländer Hermann van Pels am 5. Dezember 1925, die Geburt ihres einzigen Sohnes Peter am 8. November 1926 und die Flucht vor den Nazis am 26. Juni 1937 nach Amsterdam. 1938 begann ihr Mann, für Otto Franks Firma Pectacon zu arbeiten. Die Familien Röttgen und Frank freundeten sich an, besuchten einander am Wochenende und bereiteten ab Sommer 1941 ein Versteck im Hinterhaus der Firma Otto Frank vor, um der Deportation zuvorzukommen.

„Hübsch und ein wenig kokett“

Die Geburtsurkunde der Jüdin Auguste van Pels geb. Röttgen wird im Stadtarchiv aufbewahrt.
Die Geburtsurkunde der Jüdin Auguste van Pels geb. Röttgen wird im Stadtarchiv aufbewahrt. © Funke Foto Services

Als Anne Franks Schwester Margot eine Zwangsverpflichtung zum Arbeitseinsatz in Deutschland zugestellt wurde, tauchten die Franks Anfang Juli 1942 unter, Familie Pels folgte einige Tage später, zuletzt stieß Zahnarzt Fritz Pfeffer hinzu. Mit Lebensmitteln, Büchern und Nachrichten versorgt wurden sie von Miep Gies.

Wie Anne Frank (1929-1945) ihrem Tagebuch anvertraute, kam es in der drangvollen Enge der drei Zimmer immer wieder zu Reibereien mit Auguste van Pels, der sie in ihrem Bericht das Pseudonym Petronella van Daan gibt. Ob sich die gebürtige Bueranerin nun weigerte, den Abwasch zu übernehmen, ihr Familienservice für alle Flüchtlinge zur Verfügung zu stellen, lautstark mit ihrem Mann stritt, ihren Sohn schlug oder Otto Frank anflirtete: Das Mädchen empfand Auguste van Pels als „unausstehlich“. Darüber hinaus ist lediglich die Beschreibung von Helferin Miep Gies überliefert: die Dame sei „hübsch“ und „ein wenig kokett“ gewesen. Dass sie wie die übrigen Flüchtlinge verzweifelt war, kann hingegen als sicher gelten.

Im August 1944 wurden alle acht Untergetauchten verraten und verhaftet. Zunächst ins KZ Auschwitz-Birkenau, dann nach Buchenwald deportiert, starb Auguste van Pels wohl während eines Transports ins KZ Theresienstadt am 9. April 1945.