Gelsenkirchen-Erle. Nach 16-monatiger Bauzeit sucht sich der Springbach jetzt als natürliches Gewässer zwischen Erleund Resser Mark einen neuen Verlauf in Richtung Emscher.
. So viel Aufmerksamkeit ist der Arbeit von Baggerführer Markus Raake bislang wohl noch nicht zuteil geworden. Im Blitzlichtgewitter der Kameras, ausgelöst von Profi-Fotografen und interessierten Passanten, steuert er die große Baggerschaufel. Einmal, noch ein zweites Mal greift sie in das aufgeschüttete Erdreich, schon bahnt sich der Springbach seinen neuen Weg.
An der Stelle, wo Knabenbach und Lei-ther Mühlenbach zusammentreffen und in einer Rechtskurve in der Kanalisation unter der Sportanlage an der Oststraße verschwinden, ist für diesen historischen Moment ein Damm angeschüttet worden. Das Wasser staut sich zu einem kleinen Tümpel – und im nächsten Moment sprudelt der Springbach geradeaus durch sein neues Bett.
16 Monate Bau- und noch mehr Planungs- und Vorbereitungszeit hat es gebraucht, um den Springbach zurück in die Natur zu holen. Die Jahrzehnte als Mischwasserkanal sind jetzt vorbei: Das Abwasser wird über ein getrenntes Rohrsystem dem zukünftigen Abwasserkanal des neuen Emschersystems zugeführt, das Oberflächenwasser fließt in einem von Menschenhand gestalteten Bett auf neuem Weg, meist im freien Fall und manchmal auch mit bautechnischer und elektrischer Unterstützung, der neuen Mündung in die Emscher entgegen. Oberbürgermeister Frank Baranowski: „Es ist mindestens 60 oder 70 Jahre her, dass der Springbach verrohrt wurde.“ Und damit aus den Augen und dem Bewusstsein der Bürger in Erle und der Resser Mark so gut wie verschwand. Mehrfach griff der Mensch ein, um die Mündung des Springbaches zu verlegen. Sie wanderte im Laufe der Jahrzehnte von Sutum aus Emscher-aufwärts bis zur Willy-Brandt-Allee. Hinter der Brücke fällt der Springbach in den Fluss, dessen Jahre als offene Abwasserkloake gezählt sind.
Am Eulenbusch entlang
Wie die renaturierte Emscher in naher Zukunft im Großen aussehen wird, ist im Kleinen am Eulenbusch zu sehen. Dort hat das kleine Wäldchen nach dem Fällen der Bäume Platz gemacht für das neue Bachbett, das sich in sanften Kurven der Resser Mark nähert und dort, wieder verrohrt, die Straße Im Emscherbruch und die Münsterstraße unterquert. Kurz vor der Mündung musste dem Springbach mit großem technischen Aufwand auf den Sprung in die Emscher geholfen werden. In acht Meter Tiefe fraß sich eine Vortriebsmaschine durch das Erdreich, um Platz zu schaffen für eine weitere Betonröhre.
950 Meter Natur und 750 Meter Rohre
950 Meter Natur und 750 Meter Rohre haben ihren Preis: 5,5 Millionen Euro. 3,5 Millionen kommen vom Land, zwei Millionen steuerte die Stadt über die Abwassergesellschaft bei. Oberbürgermeister Frank Baranowski hat schon eine Idee, wie diese Ausgabe refinanziert werden könnte: „Wenn der Umbau der Emscher und ihrer Nebenflüsse fertig ist, überlegen wir, ob wir dann nicht eine Kurtaxe erheben könnten.“