Gelsenkirchen-Buer. . Gebürtiger Dresdner, hat Dr. Lutz Heidemann schon vor Jahrzehnten eine neue Heimat in Gelsenkirchen gefunden. Seitdem streitet der Architekt und (nun pensionierte) Stadtplaner für die Erhaltung besonderer Gebäude.

Heimat? Ist für den pensionierten Stadtplaner Dr. Lutz Heidemann dort, wo er die Sprache der Menschen spricht. Dass er auch die der Steine versteht, wie er selbst von sich sagt, macht den Bueraner (77) in gewisser Weise zum Weltbürger, mit besonderem Engagement für seine Wahlheimat freilich: Ebenso kompetent wie unerschrocken streitet er für die Erhaltung städtebaulich interessanter Architektur, erfolgreich wie im Fall von Schloss Horst, Hans-Sachs-Haus, Zechen Consol und Hugo. Es sind aber die Misserfolge – Bergmannsglück etwa –, die ihn anspornen, sich weiter lautstark zu Wort zu melden: „Es gibt noch so viel zu tun!“

„Die Architektur gibt unserem Leben einen Rahmen, sie prägt uns, ist ein Ausdruck von Lebensqualität. Wenn dieses Prinzip beherzigt wird, braucht man nicht so viel Geld auszugeben für kleine Fluchten aus dem Alltag“, sagt der gebürtige Dresdner, der nach seiner „großen“ Flucht aus der DDR 1957 über Umwege 1972 nach Gelsenkirchen kam – und mit Frau und drei Kindern blieb.

Vielseitig interessiert: Lutz Heidemann studierte Architektur mit den Nebenfächern Kunstgeschichte, Geschichte und Soziologie an der Technischen Universität in Aachen.
Vielseitig interessiert: Lutz Heidemann studierte Architektur mit den Nebenfächern Kunstgeschichte, Geschichte und Soziologie an der Technischen Universität in Aachen. © Funke Foto Services

Vielseitig gebildet

Eigentlich hätte er als vielseitig gebildeter Diplom-Ingenieur der Architektur und promovierter Sozialwissenschaftler mit großer Leidenschaft für Kunstgeschichte andere Wege einschlagen können als den in die kommunale Bauverwaltung. „Nun ja, das dritte Kind war gerade geboren, meine Arbeit für die Neue Heimat in Hamburg füllte mich nicht aus, und in Gelsenkirchen hatte man mich bei Exkursionen mit meinen Bochumer Studenten immer so nett aufgenommen, dass ich dachte: Ich probier’s mal.“

Beim Versuch sollte es nicht bleiben: 2000 ging Heidemann als stellvertretender Amtsleiter in den Ruhestand, der „tatsächlich viel bewirkt“ hatte, wie er selbst rückblickend sagt. Unter seiner Federführung wurden Gestaltungs- und Erhaltungssatzungen für mehrere Siedlungen aufgestellt, er verfasste Texte für Stadtteilrundgänge, war an der Konzeptionierung von Info-Schildern für zahlreiche historische Gebäude in Hassel, GE-Zentrum und Bismarck beteiligt.

Engagement in Bürgerinitiativen

Heidemann lieferte für viele Bürgerinitiativen sachkundige Argumente als Munition, etwa im Kampf für die Erhaltung von Schloss Horst oder Schacht Hugo 2.
Heidemann lieferte für viele Bürgerinitiativen sachkundige Argumente als Munition, etwa im Kampf für die Erhaltung von Schloss Horst oder Schacht Hugo 2. © Funke Foto Services

„Ich wollte Fürsprecher für besondere Architektur sein. Wo mir das offiziell nicht möglich war, habe ich mich privat in Bürgerinitiativen und Vereinen engagiert“, ist der Denkmalpfleger stolz darauf, „im Hintergrund die Fäden gezogen“ zu haben. „Im Fall von Schloss Horst wäre sonst womöglich ein popeliger Entwurf umgesetzt worden, der der Bedeutung des Gebäudes nie gerecht geworden wäre.“ Auch im Trägerverein Schacht Hugo mischte er mit, lieferte sachkundige Munition für die Erhaltung.

Dass diese Methode im Fall der Buerschen Druckerei am Nordring nicht verfing, ärgert ihn noch heute. Die Stadt hatte eine Aufnahme des „bescheidenen Gebäudes“ aus den 1960-ern, wie Heidemann selbst einräumt, in die Denkmalliste abgelehnt, „dabei macht solch mittelgute Architektur das Salz in der Suppe aus.“

Überhaupt dürften Stadt und Politik vor dem Argument Arbeitsplätze „nicht immer so schnell einknicken“ und dem Abbruch bedeutender Gebäude zustimmen – wie im Fall Bergmannsglück. „Unser aller Ziel muss es sein, den Stolz auf unsere Stadt zu wecken. Architektur leistet dazu einen wertvollen Beitrag!“