Gelsenkirchen-Buer. Das Amtsgericht Buer hat in der Silvesternacht nach 136 Jahren seinen Betrieb eingestellt. Es ist jetzt Teil des Amtsgerichts Gelsenkirchen, das demnächst unter dem Dach des Justizzentrums arbeiten wird.

Vor der funkelnden Kulisse des Silvesterfeuerwerks sind 136 Jahre Justizgeschichte in Buer zu Ende gegangen. Mit dem Jahreswechsel wurde das Amtsgericht Buer per Gesetz aufgelöst.

Entsprechend verhalten zeigte sich die Stimmung unter den Richtern und Justizangestellten am letzten regulären Arbeitstag, als Landgerichtspräsidentin Dr. Monika Anders die Versetzungsurkunden überreichte und die stellvertretende Amtsgerichtsdirektorin Dr. Nicola Brand in ihrer Eigenschaft als Behördenleiterin zu einem kleinen Wintergrillen und Glühweinumtrunk geladen hatte.

„Das Amtsgericht Gelsenkirchen tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2016 an die Stelle des Amtsgerichts Gelsenkirchen-Buer“, lautet der knappe Satz in Paragraf 11a des NRW-Justizgesetzes, der den Umzug in das neue Justizzentrum an der Bochumer Straße in Ückendorf besiegelt. Ein spannendes, ein aufregendes Jahr liegt nun hinter Nicola Brand. Es galt, den Bau des neuen Gebäudes im Blick zu halten, die Mitarbeiter auf den Umzug vorzubereiten, den Verschmelzungsprozess zweier bislang weitestgehend getrennt arbeitenden Behörden zu begleiten.

Umzug ab Januar

In persönlichen Gesprächen, aber auch in gemeinsamen Workshops wurden Vorbehalte und Ängste angesprochen, die mit Veränderungen am Arbeitsplatz verbunden sind. Keine Frage: „Es menschelte dabei sehr“, berichtet Nicola Brand. Ein großer Teil der Mitarbeiter ist schon seit vielen Jahren, manche sind seit Jahrzehnten dabei.

Auch wenn es das Amtsgericht Buer nun nicht mehr gibt, in den ersten Januartagen wird es wie gehabt seine Arbeit an der Goldbergstraße fortsetzen – dann allerdings als Zweigstelle Buer des Amtsgerichts Gelsenkirchen. Die heiße Phase des Umzugs beginnt in der Woche ab dem 18. Januar, so dass die Arbeit an der Bochumer Straße ab dem 25. Januar aufgenommen werden kann. Bis dahin müssen noch manche Umzugskisten gepackt, organisatorische Fragen geklärt und Datenbanken zusammengeführt werden.

Neubau wurde 1973 bezogen

Zwölf Richter und insgesamt 90 Mitarbeiter, dazu der Publikumsverkehr aus Anwälten, Angeklagten und Zeugen: Das Amtsgericht Buer hat seit 1973, als der Neubau aus Beton, Stahl und Glas bezogen wurde, für viel Leben auf dem Goldberg gesorgt. So sehr die Mitarbeiter dem Amtsgericht Buer verbunden waren: Das Gebäude trug in den letzten Jahren wenig zur Zufriedenheit am Arbeitsplatz bei. Nicola Brand: „Das Gebäude weist zahlreiche Baumängel auf.“ Und spätestens als klar war, dass das Justizzentrum in Ückendorf Realität werden sollte, wurde an der Goldbergstraße auch nicht mehr in das Gebäude investiert. Das neue Gebäude an der Bochumer Straße, das das gemeinsame Dach bildet für das Bueraner und das Gelsenkirchener Amtsgericht, für das Sozialgericht, das Arbeitsgericht und den Ambulanten Sozialen Dienst, ist nach Meinung von Nicola Brand „wirklich repräsentativ“ mit schönen Innenhöfen und einer großen Kantine. Ein nicht ganz unwichtiger Ort für die Kommunikation zwischen allen Verfahrensbeteiligten.

„Hier entscheiden sich viele Schicksale“

Das Amtsgericht ist nicht nur ein öffentlicher Arbeitgeber, sondern vor allem erste Instanz der ordentlichen Gerichtsbarkeit. „Hier entscheiden sich viele Schicksale“, weiß Nicola Brand. Im Zivilbereich bis zu einem Streitwert von 5000 Euro, im Strafbereich mit Freiheitsstrafen von bis zu vier Jahren. Nicht zu vergessen die Entscheidungen des Familiengerichts.

„Als Richterinnen und Richter am Amtsgericht müssen wir uns auch als Sozialarbeiter sehen“, bekennt die stellvertretende Amtsgerichtsdirektorin mit Blick auf die Sozialstruktur einer Stadt wie Gelsenkirchen und fügt hinzu: „Hier werden Weichen gestellt“. Oft genug mit einschneidenden Auswirkungen auf die persönliche Finanzkraft und Biografie.