Oberverwaltungsgericht in Münster erklärt den Bebauungsplan für unwirksam. Die Stadt Gelsenkirchen hat laut der Richter zwei gravierende formale Fehler gemacht. Sie will jetzt nachbessern. Erneute Bürgerbeteiligung ist 2016 notwendig
Seit 2011 kämpft BP im Schulterschluss mit der Gelsenkirchener Politik – zumindest einem mehrheitlichen Teil – und der Verwaltung um die Norderweiterung des Chemiestandortes in Scholven. Am Donnerstagabend wurde das Vorhaben erneut gestoppt. Zumindest vorübergehend. Vom 10. Senat des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) in Münster.
Zum Hintergrund: In dem etwa 58 Hektar großen Bereich zwischen A 52, Ulfkotter Straße, Halde Scholver Feld und der Lüttinghof-Zufahrt „In der Kämpe“ möchte sich die BP nach Norden erweitern. Geklagt hat ein Polsumer Bürger, weil er, so schreibt es das OVG, „eine Zunahme von immissionsträchtigen Tätigkeiten im festgesetzten Industriegebiet, die an seinem Wohnort nachteilige Auswirkungen haben könnten“. Denn die industriell nutzbaren Flächen der BP würden bis auf 1000 Meter an den Ortsteil Polsum heranrücken.
Lose Blattsammlung
Gesundheitsschädigende Immissionen spielten bei der Verhandlung allerdings keine Rolle. Die Richter bescheinigten der Stadtverwaltung hingegen bei der Erstellung des Bebauungsplanes formelle Fehler und erklärten ihn für „unwirksam“, wie der vorsitzende Richter am OVG Dr. Ulrich Lau erklärte. Wichtigster Kritikpunkt: Die Stadt hatte keinen zusammengefasste Ausfertigung des Bebauungsplanes eingereicht, sondern zum Teil „lose Blätter“, so Lau. „Außerdem hätte die Stadt den Entwurf ein drittes Mal öffentlich auslegen müssen.“ Was sie nicht tat. Dieser Fehler liege ganz eindeutig bei der Stadt Gelsenkirchen, so Lau.
„Lästig“, nennt Gelsenkirchens Stadtbaurat Martin Harter den Fehler. Und fügt hinzu: „Andere Senate bewerten das nicht so kritisch“. Die Verwaltung werde die Formfehler beheben. Und den Bebauungsplan 2016 den politischen Gremien und der Öffentlichkeit erneut vorlegen.
Inhaltlich keine Einwände
Von Seiten der BP braucht die Stadt nicht mit Schwierigkeiten zu rechnen. „Das gute Verhältnis zwischen der Stadt und uns als Unternehmen ist von dem aktuellen Urteil nicht betroffen“, erklärte Konzernsprecher Marc Schulte. Aktuell seien für BP durch die zeitliche Verschiebung „keine Auswirkungen erkennbar“, so Schulte.
Denn klar ist auch: Inhaltlich hatten die Richter in Münster an dem Bebauungsplan nichts auszusetzen. Das haben sie der Stadt und BP in dem Verfahren am Donnerstag auch mitgeteilt. Wenn also die Mehrheit der Gelsenkirchener Politiker den Bebauungsplan 2016 erneut abnicken und die Bürger bei der Offenlegung keine relevanten Einwände geltend machen, wird die Norderweiterung kommen.
Entscheidung im Herbst 2016
Voraussichtlich, so Harter, im Herbst 2016. Die Bürgerinitiative „Grün für 3“ jedenfalls scheint momentan kampfmüde: „Der für uns wichtige Immissionsschutz hat bei der Verhandlung keine Rolle gespielt“, sagt Manfred Schumacher.