Im Museum von Schloss Horst in Gelsenkirchen fand das erste Brauseminar statt. Rund 20 Gäste ließen sich von Historikerin Dörte Rotthauwe erklären, dass Bier früher ein Grundnahrungsmittel war. Selbst Menschen, die kein Bier trinken, fühlen sich wohl

Unten im Keller, in den Museumsräumen von Schloss Horst, machen rund 20 Männer und Frauen eine Zeitreise. Das tun Besucher ohnehin, wenn sie dort sind. Heute dürfen die Gäste selbst Hand anlegen, wenn es daran geht, Bier zu brauen, wie man es früher tat.

Zum ersten Mal findet eine solche Veranstaltung im Schloss statt. Das Interesse an diesem süffigen Thema ist groß. Da passt es, dass die erste Amtshandlung das Anschlagen eines Bierfässchens ist – weil das eigene Bier ohnehin nicht fertig wird heute Abend. Dörte Rotthauwe, Historikerin und Ökotrophologin, führt ins Thema ein. Sie erzählt, das Bier sei das Wasser des Mittelalters gewesen. Und damit kann sie überraschen. „Das finde ich interessant“, meint Dr. Michael Kruzewicz, „dass Bier ein Grundnahrungsmittel war und daher sehr dünnes Bier gebraut wurde, das wusste ich nicht.“

Kaiser Wilhelm und die Biersteuer

Und während nun alle Zutaten in den großen Elektrokocher kommen, plaudert die Dozentin weiter. „Was hat denn Kaiser Wilhelm II. mit Bier zu tun?“, fragt sie in die Runde. Nein, das Reinheitsgebot ginge nicht auf ihn zurück. Das stamme von 1516. Kaiser Wilhelm hat die Biersteuer eingeführt.

Die Besucher saugen die Informationen förmlich auf. Das freut Dörte Rotthauwe, die ganz bewusst Praktisches und Theoretisches kombiniert. „Wenn wir jetzt die Maische ansetzen, das duftet ja. Und solche Dinge machen einen solchen Abend lebendig.“ Tatsächlich duftet alles – allerdings eher nach frischem Brot. So bleibt es auch, als das Bier geläutert wird. Der ganze Sud wird durch ein baumwollenes Windeltuch in ein zweites Gefäß gefüllt. Oben bleibt der Treber über, der körnig aussieht und würzig riecht. „Den werde ich verbacken“, erklärt die Dozentin, dass man in früheren Zeiten nichts verkommen ließ.

Liebliche Bier-Limonade

Eifrig mit dabei ist auch Renate Hüsson. Sie legt sogar Hand an. Und dann überrascht sie: „Ich mag gar kein Bier. Aber ich finde es interessant zu erleben, wie es hergestellt wird. Man kann doch nie genug wissen.“ Auch sie lernte viel Neues. „Dass das Bierbrauen so einfach ist, hätte ich nie gedacht. Ich habe hier heute so viel gelernt, dass ich es mir zutrauen würde, zu Hause Bier zu brauen.“ Überraschend war für sie auch die Vielzahl der Zutaten, die heute gar nicht mehr im Bier zu finden sind. „Es war sehr interessant zu hören, wie viele Kräuter man zusetzen konnte. Sogar giftige.“

Das Seminar ist beendet. Das Läutern war der letzte gemeinsame Arbeitsschritt. Jetzt müsste der Sud gären. Darf er aber nicht. Weil Zeit und Möglichkeiten fehlen, wird er weg geschüttet. Alle leeren eben noch ihren Humpen, dann gehen sie nach Hause. Sie haben viel gelernt. Wie der Sud schmeckt, das will keiner mehr probieren. Dabei lohnt es sich. Denn was da den Gaumen umschmeichelt, schmeckt wie eine warme, liebliche Bier-Limonade.