Nein, sie hat keinen lebenslustigen britischen Prinzen geheiratet, sondern einen streitbaren protestantischen Pfarrer. International bekannte Popsongs gehen auch nicht auf ihr Konto, nur Pressemitteilungen der Gelsenkirchener Grünen.
Trotzdem hat die Hasselerin Lisa Heinrich eins mit Herzogin Sarah Ferguson und Sting gemeinsam: die Liebe zur italienischen Toskana.
Aber wie das oft so ist mit großen Gefühlen: sie bereichern, kosten jedoch; in ihrem Fall Nerven, Zeit und Geld. Investiert hat sie das in eine Ruine mit 60 000 qm Wildnis drumherum, die sie und ihr Mann 1989 bei ihrem ersten Toskana-Urlaub vom Fleck weg kauften. Ohne nur ein Wort Italienisch zu sprechen.
„Wir waren hingerissen von dieser Landschaft, den Düften, dem Meer und der Ursprünglichkeit der Menschen dort”, schwärmt die Ehefrau von Pfarrer Rolf Heinrich aus der Lukas-Gemeinde Hassel.
Dabei roch der Ferienstart '89 alles andere als lieblich-mediterran. „Das Haus, das wir mit drei Kindern und Eltern gemietet hatten, war furchtbar möbliert und schmutzig.” Nach einer Putzaktion wurde es aber doch „der schönste Urlaub unseres Lebens”. Derartig beflügelt, wagte das Paar den Sprung zum Eigenheim. Ein Bauernhaus aus dem 19. Jahrhundert in dem 600-Seelen-Dorf Sassetta in der Provinz Livorno hatte es ihm angetan, und das Kompliment der Verkäuferin ging 'runter wie Olivenöl: „An Sie verkaufe ich. Sie atmen den Geist des Hauses.”
„Jeder hat ein Recht auf Fehler. Davon haben wir ausgiebig Gebrauch gemacht”, erzählt Lisa Heinrich von dem Lehrgeld, das das in Sachen Umbau ahnungslose Paar zahlen musste. „Wir haben Wände gestrichen und Möbel angeschafft, um dann festzustellen, dass die Wasserleitungen veraltet waren. Die mussten also erneuert werden; die vorherige Arbeit war umsonst.”
Ob nun das Dach ausgebessert, Wände verputzt oder Böden erneuert werden mussten: „Es hat oft Spaß gemacht, aber ich habe auch mal allein in dem Haus gesessen und geheult”, so Lisa Heinrich. Denn mehrmals im Jahr für einige Wochen „Renovierungsferien” zu machen, konnte sich nur die damalige Hausfrau und Mutter zeitlich leisten, „mein Mann war ja in der Gemeinde gefordert.”
Heute nennt sie das Bauernhaus liebevoll „mein Räppelchen”. Es ist mehr geworden als ein Zweitwohnsitz, in dem das Paar mit den drei Kindern zwischen 25 und 31 Jahren Sommer- und Weihnachtsferien verbringt. Lisa Heinrich reist mehrfach im Jahr für einige Wochen nach Sassetta, um das Haus für Feriengäste auf Vordermann zu bringen – und Biogemüse anzubauen. Früher Lehrerin für Deutsch, Wirtschaftswissenschaften und katholische (!) Religion sowie Ex-Geschäftsführerin des Kreisverbandes der Gelsenkirchener Grünen, baut sie nun als Bio-Landwirtin Bohnen, Gurken, Tomaten & Co. an und kultiviert den wiederbelebten Olivenhain. Viermal im Jahr rodet sie 15 000 qm Weide – per Motorsense.
Bereut hat die 55-Jährige den Kauf nicht. Unter den Nachbarn hat sie Freunde gewonnen, „und ich hoffe, dass ich einiges typisch Italienische in meinen deutschen Alltag einbringen kann.” Die Wertschätzung etwa, die die Landbevölkerung allen Menschen und Gegenständen entgegenbringe. Oder dass in der Öffentlichkeit nicht über andere getuschelt werde.
Aber in die Toskana übersiedeln und dort alt werden, nein, das wollen die Heinrichs dann doch nicht. „Wir brauchen auch kulturelle Veranstaltungen in unmittelbarer Nähe, ohne lange Autofahrten. Ich meine, man muss irgendwann auch loslassen können.”