Gelsenkirchen-Buer. . Berna Cufaoglu (17), Hauptschülerin aus Beckhausen, hat ihre Chance während eines Praktikums im Sankt-Marien-Hospital Buer genutzt: Mit ihrem Einsatz hat sie so gepunktet, dass sie zum Vorstellungsgespräch eingeladen wurde – mit Erfolg.

Punkten mit Persönlichkeit: Darauf setzen besonders Zehntklässler, die sich mit nicht ganz so glänzenden Noten im Wettbewerb um einen Ausbildungsplatz behaupten müssen. Ob sie dazu eine Chance bekommen, ist eine ganz andere Frage. Berna Cufaoglu (17) von der Hauptschule Schwalbenstraße in Beckhausen hat sie erhalten mit einem Praktikum im Sankt-Marien-Hospital Buer (MHB). Und: Sie hat sie genutzt. Die stellvertretende Pflegedirektorin hat sie am Freitag kurzfristig zum Vorstellungsgespräch eingeladen – und ihr noch an diesem letzten Praktikumstag eine Lehrstelle in ihrem Traumjob als Gesundheits- und Krankenpflegerin angeboten. Ein Happy-End nach 70 Bewerbungen.

„Ich bin total glücklich und wahnsinnig erleichtert“, konnte die Schülerin die Zusage gestern immer noch nicht richtig fassen. Dranzubleiben, auch nach der x-ten Absage nicht aufzugeben: Es hat sich am Ende gelohnt.

Unerschrocken im Gespräch

Mit Unterstützung von Krankenpflege-Schüler Mert-Sami Özcan legte Berna Cufaoglu bei Patientin Karola Reichardt eine Motorschiene an.
Mit Unterstützung von Krankenpflege-Schüler Mert-Sami Özcan legte Berna Cufaoglu bei Patientin Karola Reichardt eine Motorschiene an. © FUNKE FotoServices

45 Minuten lang nahmen der Leiter der Jordan-Mai-Krankenpflegeschule, Gregor Pleiss, und die stellvertretende Pflegedirektorin, Herma Osthaus, Berna Cufaoglu unter die Lupe, befragten sie nach ihrer Motivation sowie ihrer Schullaufbahn und hakten nach, wie gut sie sich über ihren Wunschberuf und das Krankenhaus informiert hatte. „Sie ist unerschrocken in das Gespräch gegangen und war gut vorbereitet. Mit ihrer offenen, freundlichen Art und ihrem Engagement im Praktikum passt sie genau in unser ,Beuteschema’“, zeigte sich Herma Osthaus begeistert.

Sorgfalt ist Pflicht

„Interesse, Aufmerksamkeit und Einsatz können schlechtere Noten ausgleichen. Wichtig ist, wie man sich im Praktikum und im Vorstellungsgespräch präsentiert“, so Pleiss ganz grundsätzlich. Bei ihm landen alle Bewerbungen, er ist es auch, der diese vorsortiert. „Wenn uns ein Anschreiben voller Fettflecken mit einem Selfie statt eines vernünftigen Fotos erreicht, hat der Absender schon verloren. Sorgfalt ist Pflicht.“

Auch wenn seit einigen Jahren offiziell bereits ein Hauptschulabschluss ausreicht für eine Ausbildung als Krankenpfleger, „so müssen wir doch sicherstellen, dass der Bewerber intellektuell in der Lage ist, den hohen Anforderungen gerecht zu werden. Schon kleine Fehler können lebensgefährlich sein“, sieht sich Herma Osthaus in der Verantwortung, wenn es gilt, aus 400 Bewerbern 30 auszuwählen.

Echtes Blut anders als im TV

Voraussetzung am MHB sei ein mehrwöchiges Pflegepraktikum, „um festzustellen, ob dieser Beruf wirklich zum Interessenten passt“, so Herma Osthaus. „Fernseh-Sendungen wie ,Emergency Room’ vermitteln falsche Eindrücke. Echtes Blut sieht anders aus als im TV. Mit den Ausdünstungen von Patienten muss man ebenfalls erst einmal zurecht kommen. Für manche ist es auch schwierig, Fremde in Schlafkleidung anzufassen.“

Berna Cufaoglu hatte mit diesen sehr unmittelbar körperlichen Erfahrungen offenbar keine Probleme. „Das macht mir nichts aus, das ist doch alles natürlich.“ Sie war eingesetzt auf der „B 7“, der Station für Orthopädie und Unfallchirurgie, und durfte mit Hilfe erfahrenerer Kollegen Motorschienen anlegen: „Die bekommen Patienten, die etwa eine Knieprothese erhalten haben, um das Gelenk beweglich zu halten“, erklärte sie, nachdem sie ein solches Gerät desinfiziert hatte.

Auch Essen zu verteilen, anzureichen und kleinzuschneiden war mitunter ihr Job in ihrer Arbeitszeit zwischen 8 und 15.30 Uhr; dazwischen brachte sie Patienten im Rollstuhl zum Röntgen und maß Blutdruck oder Fieber. Alles Aufgaben, die sie ab Ausbildungsbeginn am 1. Oktober regelmäßig erledigen darf – und noch viele mehr. „Dass ich jetzt eine berufliche Zukunft habe, ist klasse. Endlich ist diese Unsicherheit weg.“