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Schummrig ist schön, das könnte ein Leitspruch für das Nord sein. Seit fast 20 Jahren ist die Rockkneipe in der Nord-Stadt eine Institution. Chefin Verena Steinhauer leitet das Nord seit viereinhalb Jahren - und schließt nebenbei ihr Studium ab.

Vor einiger Zeit hat Verena Steinhauer einmal einen Alptraum gehabt: Da schloss sie die Tür zu „ihrem“ Nord auf - „und drinnen standen überall weiße Ledercouches. Als hätten die hier renoviert.“ Im Nord. Undenkbar. Steinhauer schreckte aus dem Schlaf auf. 2011 feiert die Nordstadt-Institution ihr 20-jähriges Bestehen. Seinen rauen Charme hat sich das Nord über die Zeit erhalten. Seit 2006 führt Verena Steinhauer die Geschicke des Ladens.

„Ich mochte den Laden vom ersten Tag an“

Verlassen an einem kalten, frühen Nachmittag: die Kneipe im Nord. Foto: Klaus Micke
Verlassen an einem kalten, frühen Nachmittag: die Kneipe im Nord. Foto: Klaus Micke © WAZ FotoPool

Steinhauer muss „Gas geben“, wie sie sagt, nicht nur im Nord: „In einem Jahr läuft mein Studiengang aus.“ Sozialarbeit und -pädagogik belegt sie an der Fachhochschule Bochum. Nur die Diplom-Arbeit fehlt ihr noch. „Hätte ich den Laden nicht, wäre ich pünktlich fertig gewesen.“ So stellt sich nur die Frage, was denn Hauptjob ist und was Nebenjob. Berufung ist das Nord für sie in jedem Fall. Vor viereinhalb Jahren wurde sie gefragt, ob sie sich in der Kneipe, in der sie damals schon kellnerte, auch die Geschäftsführung zutraue: „Ich musste lange darüber nachdenken, aber ich mochte den Laden vom ersten Tag an“ - die Zusage war für sie keine Frage.

Der raue Charme des Nord spiegelt sich in der Musikpalette wieder: Metal, Punk, Alternative. Während des Gesprächs mit Steinhauer wechseln sich Kiss und die Suicidal Tendencies ab, zwischendrin läuft Rockabilly. Verena Steinhauer trägt an diesem Tag ein T-Shirt mit dem berühmten Logo der Rolling Stones. Festgelegt ist das Nord aber nicht: „Wir spielen auch kultigen Hip-Hop oder Reggae. Es gibt in jeder Musikrichtung gute Stücke.“ Bis auf eine Ausnahme: Der Tag, an dem im Nord ein DJ Techno auflegt, wird wohl nicht kommen.

„Wir sind wie eine große Familie“

Steinhauer steht selbst noch regelmäßig hinter der Theke, auch an den Wochenenden: „Ich will einfach gucken, ob alles funktioniert“, sagt die 29-Jährige, „und ich arbeite auch gern.“ Neben ihr kümmern sich insgesamt 15 Mitarbeiter im Wechsel um die Gäste. Und sie sind auch da, wenn sie mal nicht arbeiten müssen. „Wir sind wie eine große Familie“, sagt die Chefin.

Für eine gewöhnliche Kneipe ist das Nord riesig. 450 Quadratmeter stehen zur Verfügung. „Vor 20 Jahren waren die Zeiten noch anders“, erklärt Steinhauer die Größe. Der Billard-Bereich im ersten Stock ist vor zwei Jahren grundlegend renoviert worden (6,40 Euro pro Stunde, abgerechnet wird minutenweise). Auf dieses Standbein setzt Steinhauer ebenso wie auf regelmäßige Konzerte wie jüngst das von „Peter Pan Speedrock“. Alle vier bis sechs Wochen könnte ein Gig steigen, erzählt die Chefin. Das 20-Jährige im kommenden Jahr soll mit einem großen Open-Air-Festival gefeiert werden.

„Ich bin eben sehr nachtaktiv“

Dass Verena Steinhauer einmal in die Gastronomie einsteigen würde, habe sich früh abgezeichnet, wie sie lachend erzählt: „Meine Mutter hat immer gesagt, dass ich einmal in einer Kneipe arbeiten würde.“ Schon im Mutterleib habe Verena nachts immer durchgestrampelt und erst morgens Ruhe gegeben: „Ich bin eben sehr nachtaktiv.“ Aus einem 14-Häuser-Dörfchen bei Windeck ist sie vor Jahren nach Essen gezogen, hat später erst das Studium angefangen, Freizeiten geleitet, gekellnert und in einem Heim Menschen mit Problemen betreut. Nun also das Nord und das Studium, das sie auf jeden Fall noch abschließen will. Nur direkt arbeiten möchte sie in ihrem dann erlernten Beruf nicht mehr. Wobei: Ist das, was sie im Nord macht, denn so anders? „Eigentlich habe ich genug soziale Arbeit gemacht“, sagt Verena Steinhauer, „und eigentlich mache ich es auch noch immer.“ Dann steht sie auch schon wieder hinter der Theke.