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In Essen ist man dabei, das großstädtische Potenzial zu entdecken. Kreative Köpfe kehren der Stadt nicht mehr den Rücken zu, sondern setzen ihre originellen Ideen um. Einer von ihnen ist Alexander Tillmann, der Berlin verließ, um sich mit seiner Café-Bar-Klub-Kombi „StadtKind-Essen“ einen Traum zu erfüllen.

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In Essen ist man dabei, das großstädtische Potenzial zu entdecken. Kreative Köpfe kehren der Stadt nicht mehr den Rücken zu, sondern setzen ihre originellen Ideen um. Einer von ihnen ist Alexander Friedrich Tillmann. Auf der Margarethenhöhe aufgewachsen und nach der Ausbildung nach Berlin gezogen, ist er zurückgekehrt und hat sich in der Heimat seinen Traum erfüllt. Im Dezember, pünktlich vor dem Start des Kulturhauptstadtjahres, eröffnete der 26-jährige Gastronom und DJ seine Café-Bar-Klub-Kombi namens „StadtKind-Essen“.

„For urban rocker“ – dieser Slogan folgt der Corporate Identity des „StadtKindes“ auf Schritt und Tritt. Ob Getränkekarte, Werbepostkarte oder Außenfassade – Alexander Tillmann betont das Großstädtische an seinem Lokal. „Den Begriff ,urban rocker‘ kann jeder für sich frei definieren“, findet er. Diese Freiheit spiegelt sich auch in der originellen, aber nicht zu aufdringlichen Einrichtung des Lokals wider.

Mischung aus Berliner Kiezkneipe und Szenetreff

Mit viel Liebe zum Detail hat Tillmann aus dem ehemaligen „Litfaß“ an der Segerothstraße 85 eine Mischung aus Berliner Kiezkneipe und szeneträchtigem Geheimtipp für passionierte Verfechter des urbanen Lebensgefühls gemacht. Erdbeerkakteen und Cocktailgläser mit Popcorn-Tüten stehen jeweils auf den Tischen. Letztere stammen von der Popcorn-Maschine, die abends vor sich hin „poppt“. Diese kleine Knabberei ist für Besucher gratis und wird begeistert angenommen.

An einer Wand hängt ein Geweih, an ihm baumeln Duftbäumchen. „Die sind noch eingepackt, da sonst der ganze Laden danach stinken würde“, lacht er. Während er hinter der langen Theke seiner Arbeit nachgeht, „dreht“ er auch gerne am Licht. Über eine Fernsteuerung kann er zwischen verschiedenen Farben wählen – je nach Stimmung. Der eigentlich eher dunkle Charakter des früheren „Litfaß“ wird zwar beibehalten, jedoch sorgen große Kerzen auf den Fensterbänken und viele Teelichter in bedruckten Papiertüten für eine angenehme Atmosphäre.

Lounge-artig gruppieren sich einzelne Bereiche mit kleinen Ledersitzgelegenheiten um niedrige Kaffeetischchen. Begleitet werden sie von exzentrischen Lampenkreationen und nicht zu verfehlenden Accessoires, etwa ein altes Tonbandgerät, ein Furby-Stofftier, das als Platzhalter für Reservierungen dient, oder einer Kindertafel mit Magnetbuchstaben, Marke Sesamstraße. Statt Schieferplatte und Kreide geht es hier bunt zu, wenn der Gast etwas für den kleinen Hunger lesen und bestellen will. Ein Motiv zieht sich jedoch durch den ganzen Laden: das „Stadtkind“, die Graffiti-Schablone (stencil) eines kleinen Jungens in Latzhose.

Mit Tellerwäscher-Job in der Gastronomie Fuß gefasst

Alexander Tillmann hat sich mit dem „StadtKind“ an der Segerothstraße  einen Traum erfüllt. Foto: Arnold Rennemeyer
Alexander Tillmann hat sich mit dem „StadtKind“ an der Segerothstraße einen Traum erfüllt. Foto: Arnold Rennemeyer © WAZ FotoPool

„Mit 15 habe ich mit einem Tellerwäscher-Nebenjob bei einem Sonntagsbrunchs eines Hotels angefangen“, erinnert sich Tillmann. Etwa ein Jahr habe er das gemacht. Auch sämtliche Praktika, die er in jungen Jahren absolvierte, waren in der Gastronomie oder Hotellerie. Nach der Ausbildung im Renaissance Hotel in Düsseldorf, welche er als knallhart, aber super beschreibt, war für ihn jedoch eines für die Zukunft klar: „Gastronomie ja, Hotellerie nein“.

„Von der Ausbildung profitiere ich heute noch“, unterstreicht er. Trotzdem zog es ihn danach erst einmal weg und zwar nach Berlin. „Meine Mutter kommt gebürtig aus Berlin und ich wollte dort schon immer hin“, schwärmt der „StadtKind“-Inhaber. In einer Nacht- und Nebelaktion ist er in die Bundeshauptstadt gegangen. Der erste Job fand sich jedoch wieder in der Hotellerie. „Das hat mir nach einem Monat gereicht“, erinnert er sich. Vier Jahre blieb er in Berlin, legte als DJ auf und war freischaffend für eine Projekt- und Modeagentur tätig.

„Ich wollte mich schon immer selbständig machen, war aber damals nach der Ausbildung zu jung“, erklärt Tillmann und ergänzt: „Und dann habe ich mir gedacht, zum Kulturhauptstadtjahr machst du etwas in deiner Heimatstadt“. Anzeigen im Internet habe er durchstöbert, bis er schließlich auf die Räumlichkeit des ehemaligen „Litfaß“ stieß. „Im Juli 2009 hatte ich den Mietvertrag in der Tasche und habe dann bis zur Eröffnung am 12. Dezember 2009 in kreativer Eigenregie den Laden in meinen Look gebracht“, sagt der 26-Jährige.

Ausschlag gab für ihn auch, dass sich das Univiertel dank neuer Pläne und Umbauarbeiten, die nun beginnen, im Auftrieb befände. Den Gesamteindruck macht aber auch das bunt gemischte Publikum aus. „Vom Kunststudenten bis zur Kiez-Oma“, resümiert Tillmann. Bei ihm seien alle willkommen, die Spaß haben wollen und keinen Stress machen.

Urbanes Konzept in der Metropole Ruhr

„Die Idee für den Namen geht zurück auf das urbane Konzept meines Ladens“, betont er. Die Metropole Ruhr sei definitiv ein Raum, in dem viel ungenutztes Potenzial stecke. Als Beleg dafür, dass viele Kreative bleiben oder zurückkehren, sieht Tillmann bereits erfolgreich laufende Projekte, wie etwa das „Hotel Shanghai“ oder den „Goethebunker“ sowie die „nice2meetu partys“.

Und was wäre so ein Traum ohne Kunst? „Ein Freund von der Berliner Universität der Künste hat mir zwei Ölmalereien kreiert“, sagt Tillmann und klärt auf: „Auf dem Wandgemälde ist die New Yorker Transe Amanda LePoor zu sehen und auf dem anderen Macaulay Culkin.“ Der abgehalfterte Kinderstar hat sich mit dem Film „Party Monster“ einen Namen in der Szene gemacht. Kubisch gebrochen und facettenhaft, fast wie ein Puzzle, erscheinen die beiden Portraits.

Mit Eigenkreationen wartet Alexander Tillmann bei den Getränken auf, sei es der Virgin-Cocktail namens „GreenIced Lemon“ oder sein alkoholischer Kollege „Mr. Ginberry“. Nur eines entsteht nicht aus seiner Hand, sondern wird ruhrgebietstreu einer Expertin überlassen. „Den Zwiebelkuchen backt meine Mutter“, lacht der 26-Jährige.