Essen-Rüttenscheid. . Seit 25 Jahren leitet Sozialpädagoge Werner Settels das Bürgerzentrum, das sich 2009 neu aufstellte – und mittlerweile von rund 600 Bürgern täglich besucht wird. Dabei war es vom reinen Jugend- zum Bürgerzentrum ein weiter und mitunter auch steiniger Weg.

Zum 25-jährigen Dienstjubiläum hat Werner Settels von seinem Arbeitgeber, der Stadt Essen, eine Jahreskarte für den Grugapark und einen freien Tag bekommen. Das eigentliche Geschenk aber ist die Erinnerung an ein Vierteljahrhundert Kinder- und Jugendarbeit in Rüttenscheid – wenngleich sie von Höhen und Tiefen geprägt war. „Wenn ich in fünf Jahren in Rente gehe“, sagt Settels, „dann wird mir dieser verrückte Laden fehlen.“

Zukunft stand 1991 auf der Kippe

Seine Geschichte als Leiter des heutigen Bürgerzentrums beginnt unkonventionell. Nachdem er sich zehn Jahre lang mit Gelegenheitsjobs durchgeschlagen hat, will Settels etwas Dauerhaftes. „Ich habe Sozialpädagogik in Essen studiert. Dass ich mal in der Kinder- und Jugendarbeit lande, wäre mir nie in den Sinn gekommen“, sagt der heute 60-Jährige. Während seines Anerkennungsjahres organisiert er Rockkonzerte in Steele, entdeckt so seinen Spaß für die Jugendarbeit. Als er 1991 die Leitung des damals noch namenlosen Kinder- und Jugendzentrums in Rüttenscheid übernimmt, steht sein Job schon zwei Wochen nach Dienstantritt auf der Kippe.

„Das Jugendzentrum sollte aus Kostengründen geschlossen werden, ebenso wie die Emscherschule und das Jugendhaus in Haarzopf“, erinnert sich Settels. Massive Proteste bewahren die Villa Rü vor der Schließung, „damals habe ich gemerkt, was hier alles dahinter steckt, das hat mich beeindruckt.“ Da der Erfolg nur schwer messbar sei, müsse sich Kinder- und Jugendarbeit immer rechtfertigen, sagt Settels. 1995 bekommt die Villa Rü nach einer Abstimmung mit den Kindern und Jugendlichen ihren Namen. Die Arbeit ist damals nicht so zielgerichtet wie heute, „wir haben einfach die Tür geöffnet und mit unseren Besuchern gespielt, gebastelt, hatten ein offenes Ohr. Heute hat sich die Jugendarbeit gewandelt, ist projektgebundener“, sagt Werner Settels.

Bedarf für Band-Proberäume ist immer noch groß

Mitte der Neunziger gibt er Nachwuchsbands eine Bühne, organisiert Konzerte, vergibt Proberäume. „Als in unserem Nachbarhaus Eigentumswohnungen entstanden, gab es jedoch Probleme, die Anwohner beschwerten sich über den Lärm“, sagt Settels, selbst Vater zweier Söhne. Die Bezirkspolitik greift dem Jugendzentrum unter die Arme, investiert in die Schallisolierung. Mit den Proberäumen aber ist es vorbei, „was schade war. Bis heute ist der Bedarf da“, weiß der Sozialpädagoge.

Um die Jahrtausendwende herum kommen neue Probleme auf. „Wir hatten hier bis zu 80 Jugendliche täglich, viele von ihnen aus Problem-Milieus. Am Ende war oft die Polizei da, es kam zu Diebstählen und Drogendelikten. Nur mit unserem Zweier-Team sind wir der Lage nicht Herr geworden“, so Settels, der die Villa Rü gemeinsam mit Erzieherin Alex Bremer leitet. Doch „den Laden einfach dicht machen“, das wollten sie nicht. „Wir mussten die Reißleine ziehen und die Villa Rü auf neue Füße stellen. So kam es, dass wir seit 2009 nicht mehr Jugend- sondern Bürgerzentrum sind“, erklärt Settels.

Die offenen Jugendtreffs werden abgeschafft. Stattdessen setzt die Villa Rü auf gezielte Angebote, besucht Schulen und hat sich für Vereine und Verbände weiter geöffnet, die vom Flamenco-Kurs über Kangatraining und Elternbildung bis hin zu Kinderbetreuung breit aufgestellt sind. „Sozialdezernent Peter Renzel sagte damals, die Villa Rü müsse im Stadtteil zur Marke werden. Ich denke, wir sind auf einem guten Weg dahin“, sagt Settels. Rund 600 Menschen jeden Alters, ergab die jüngste Zählung, nutzen die Angebote in dem Bürgerzentrum täglich.