Essen-Holsterhausen. . Die Nachbarn an der Steinhausenstraße in Holsterhausen pflegen die Grünfläche hinter den Häusern in Eigenarbeit, grillen gern zusammen und kümmern sich, wenn jemand Hilfe braucht. Neuzugezogene werden sofort integriert.
Vor einigen Jahren, „da sah’s hier noch aus wie im Dschungel“, erinnert sich Uli Stinnen, Hauswart und gute Seele der Gewo-Häuser an der Steinhausenstraße 10 bis 18. Die Gärten der Nachbarn waren durch hohe Hecken voneinander abgetrennt, Berührungspunkte gab es kaum. Irgendwann vor ein paar Jahren beginnt der Rentner, den Wildwuchs Stück für Stück in einen Garten zu verwandeln.
Die ersten Nachbarn sonnen sich dort einige Wochen später, „und irgendwie nahm so alles seinen Lauf“, erzählt Uli Stinnen. Die Hecken verschwinden, mittlerweile ist der große Garten hinter den Häusern die Kommunikationsplattform schlechthin – dort wird WM geguckt, werden Nachbarschaftsfeste gefeiert, wird spontan gegrillt. Dort treffen Menschen wie der Theaterregisseur Henner Kallmeyer, der u.a. das Kinderstück Peter Pan am Grillo inszenierte, auf Evag-Busfahrer, Polizisten, Ingenieure und Rentnerinnen wie die 85-jährige Frau Fritz, die zwar ihr Alter, aber noch nie ihren Vornamen preisgegeben hat, und mit der sich jeder verquatscht.
„Ich bin ja eigentlich ein Nordlicht“, sagt Henner Kallmeyer, der in Lübeck geboren wurde und den die direkte Art im Ruhrgebiet zunächst befremdete. „Dass jeder offen und direkt aufeinander zugeht, ist ja so gar nicht norddeutsch“, sagt Kallmeyer, „aber die Nachbarschaft hier, das ist schon einzigartig.“
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Auch Maschinenbaumeister Klaus-Dieter Struck schätzt den Garten hinter der Häuserzeile. Vor zwei Jahren zog der zweifache Vater mit seiner Familie hierher, „unsere Kinder wurden von den Nachbarn direkt mit Bratwurst vom Grill geködert, so haben wir uns alle kennengelernt“, erzählt er und lacht. Sogar eigene T-Shirts haben sich die Anwohner drucken lassen, „Garten-Geist“, ist darauf zu lesen. „Wir machen hier schließlich alles in Eigenleistung“, erzählt Uli Stinnen. In diesem Jahr kam eine Terrasse neu hinzu, die ebenso wie der Pavillon und das Gartenhäuschen dank vieler fleißiger Nachbarn entstand.
Iris Stinnen, Ehefrau von Hauswart Ulrich, lebt bereits seit 32 Jahren in der Steinhausenstraße, schätzt die neu entdeckte Nachbarschaft – nicht zuletzt auch aufgrund ihrer Gehbehinderung. „Es ist kein Problem, dass mal jemand für mich einkauft. Die Nachbarn hier sind füreinander da, melden sich ab, wenn sie in den Urlaub fahren. Das gibt auch ein Stück weit Sicherheit“, erzählt sie. Zwar ist das Miteinander in den vergangenen Jahren intensiviert worden – Solidarität und Gemeinschaft habe es aber schon vorher gegeben, erinnert sich Stinnen an ein tragisches Unglück im Jahr 2001: „Im Haus gegenüber, an der Gebhardtstraße, ist ein fürchterliches Feuer ausgebrochen, bei dem zwei Menschen ums Leben kamen. Für die Mutter, die dabei ihre Tochter verlor, haben alle Anwohner anschließend eine große Spendenaktion gestartet – auch, wenn das natürlich nicht über den Verlust trösten konnte, sollte es zumindest eine kleine Hoffnung sein.“
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